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Studie

Migranten im Parlament

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Studie: »Der migrationsspezifische Einfluss auf parlamentarisches Handeln. Ein Hypothesentest auf der Grundlage von Redebeiträgen der Abgeordneten des Deutschen Bundestages 1996-2013« von Andreas Blätte und Andreas M. Wüst (April 2017)

Kurz: Die Studie zeigt, dass sich der Migrationshintergrund von Abgeordneten auch auf ihre Tätigkeit im Parlament auswirkt. Sie thematisieren Einwanderung deutlich häufiger als ihre Kollegen.

Hat der Migrationshintergrund von Politikern Einfluss auf ihre Arbeit im Parlament? Das untersuchte ein Forscherteam anhand des deutschen Bundestages und wertete die Plenarprotokolle aller Sitzungen zwischen 1996 und 2013 aus. Die Analyse umfasst 76 Millionen Wörter.

Anders als Beruf oder Geschlecht fanden Migrationserfahrungen als möglicher Faktor für die parlamentarische Tätigkeit bislang wenig Berücksichtigung in der Forschung. Einzelne Vorgängerstudien wiesen bereits darauf hin, dass Abgeordnete, die nicht in Deutschland geboren oder deren Eltern eingewandert waren, Migration häufiger problematisieren als andere Bundestagsmitglieder. Insbesondere bei Großen und Kleinen Anfragen an die Regierung war ihr Engagement für das Thema wesentlich stärker.

Die Forscher wollten wissen, ob das generell auch auf die Redebeiträge zutrifft. Denn Debatten im Plenarsaal haben eine wichtige Funktion: Hier werden die Argumente öffentlich ausgetauscht, Regierungserklärungen abgegeben und die Hintergründe zu Gesetzesvorhaben diskutiert. Die öffentliche Rede richtet sich an Politiker, Medien und Bürger.

Die Autoren der Studie fanden heraus, dass tatsächlich ein Zusammenhang zwischen dem persönlichen Hintergrund und der Häufigkeit der Thematisierung existiert. Die Hautfarbe spielt dabei eine erhebliche Rolle. Abgeordnete mit »sichtbarem Migrationshintergrund« nutzen thematisch bezogene Begriffe etwa neunmal so oft wie ihre Kollegen. Personen, deren Migrationshintergrund hingegen nicht über die Hautfarbe identifizierbar ist, verwendeten diese nur sechsmal so häufig. Als Ursache vermuten die Wissenschaftler, dass Personen dunklerer Hautfarbe wesentlich öfter Diskriminierung erfahren und daher noch stärker für Akzeptanz eintreten.

Ob die Abgeordneten selbst nach Deutschland migriert oder Nachkommen von Einwanderern in der zweiten oder dritten Generation sind, hat hingegen kaum Auswirkungen darauf, ob und in welcher Form sie Migration zum Gegenstand machen.

Die Vermutung, Abgeordnete mit Migrationshintergrund könnten vermehrt in einwanderungsbezogenen Ausschüssen tätig sein und deshalb in ihren Plenarreden zwangsläufig öfter über Migration sprechen, haben die Wissenschaftler somit widerlegt.

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