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Regierungsbildung

Regieren als Minderheit

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Eine Regierung, die keine absolute Mehrheit im Parlament hat, heißt Minderheitsregierung. In Deutschland kam das auf Bundesebene noch nie vor. Immer haben sich Regierungskoalitionen zusammengefunden, die gemeinsam die Mehrheit im Parlament bildeten. Das ist für die Regierung selbst von Vorteil. Ihre Ideen und Vorschläge unterstützen so automatisch die Mehrheit der Parlamentsabgeordneten.

Um beispielsweise ein Gesetz zu beschließen, braucht die Regierung die Unterstützung vom Parlament. Denn für jede Entscheidung ist die Zustimmung von mehr als der Hälfte der Abgeordneten nötig. Für die Minderheitsregierung bedeutet das: Für jede Entscheidung müssen Mitglieder von anderen Parteien überzeugt werden, um ein Ziel umzusetzen. Das können durchaus immer wieder andere Parteien sein. Gesetze werden dann von sogenannten wechselnden Mehrheiten beschlossen.

Dieser Wechsel bei den Abstimmungen hat den Vorteil, dass mehr Parteien mitbestimmen müssen und nicht nur die Regierungsparteien etwas alleine entscheiden. Zudem wäre die Regierung mehr gefordert, um ihre Ziele zu kämpfen. Es würde dann auch mehr um Themen selbst gehen, erklärte Christian Stecker, Professor für vergleichende Politik an der technischen Universität Darmstadt im Gespräch gegenüber KATAPULT.

In der Minderheit zu regieren, kann Regierungen allerdings auch schwächen. Sie brauchen eventuell länger, um Entscheidungen zu treffen. Das bedeutet für die Bürger:innen beispielsweise eine langsamere Entwicklung von Gesetzen, die sie vielleicht als dringend nötig bezeichnen. Es besteht auch die Gefahr, dass radikale Parteien dadurch gestärkt werden.

Minderheitsregierung häufiger in Skandinavien

Derzeit regieren in Schweden die Sozialdemokrat:innen gemeinsam mit den Grünen in einer Minderheit. In Norwegen regiert eine konservativ-liberale Minderheitsregierung. in Dänemark regieren Sozialdemokrat:innen alleine in der Minderheit. Es sind auch jene drei Lander, die seit 2000 fast ausschließlich von einer Minderheitsregierung geführt wurden. Das ist nur in drei anderen europäischen Ländern genauso. Auch Rumänien, Spanien und Tschechien haben seit dem Jahr 2000 häufiger eine Minderheitsregierung anstelle einer Mehrheitsregierung. In allen anderen regierten hauptsächlich Mehrheiten.

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