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Krieg im Nahen Osten

Gaza unterstützt die Hamas nicht

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Auf dem Weg nach Tel Aviv sagt mir ein israelischer Taxifahrer, er würde Gaza am liebsten platt machen. Mir ist klar, dass er damit auch die Menschen meint, die im Gazastreifen leben. Ich frage, warum er Menschen töten will, die mit der Hamas nichts zu tun haben. Seine Antwort: “Hamas is Gaza and Gaza is Hamas.”

Stimmt das? Sind Hamas und Gaza eine Einheit? Hat die Terrororganisation wirklich so viel Unterstützung im Gazastreifen? Nein. Palästinas Bevölkerung ist gespalten. Zwar befürworten Menschen die Hamas, aber je nach Fragestellung nicht über 50 Prozent.

Das Argument, dass die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens für die Aktionen der Hamas verantwortlich gemacht werden könne, wird schnell widerlegt, wenn man sich die Fakten ansieht, so die Analysten Amaney A. Jamal und Michael Robbins vom Arabic Barometer.

Über 80 Prozent der Palästinenser halten ihre eigene Regierung, die Palästinensische Autonomiebehörde, für korrupt, 60 Prozent sehen in ihr eine Belastung und keine Bereicherung. Nur 20 Prozent der Gazaner haben sich für eine radikale militärische Lösung gegen Israel ausgesprochen. Was aber würden die Leute aus Gaza wählen?

Nur 27 Prozent der Befragten würden die Hamas wählen. Im Jahr 2021 wollten noch 34 Prozent der Bevölkerung die Hamas wählen. Die Popularität der Hamas im Gazastreifen ist gesunken.

Die Terroristen haben damit keine Mehrheit, noch sind sie die stärkste Partei. Die moderatere Fatah würde 30 Prozent erhalten. Die Partei wird von Machmut Abbas geführt und hat deutlich mehr Einfluss im Westjordanland.

Ärmere Menschen aus dem Gazastreifen unterstützen die Hamas seltener als ihre wohlhabenden Mitbürger. Unter denjenigen, die nicht für ihren Lebensunterhalt aufkommen können, sprachen sich nur 25 Prozent für die Regierungspartei aus. Bei denjenigen, die es sich leisten können, liegt die Zahl bei 33 Prozent. 

Auf die Frage, wieviel Vertrauen sie in die Hamas-Behörden hätten, antworteten 67 Prozent der Befragten, dass sie nicht viel oder überhaupt kein Vertrauen haben. Darüber hinaus gaben 72 Prozent der Befragten an, dass es in den Regierungsinstitutionen ein hohes oder mittleres Maß an Korruption gebe, und nur eine Minderheit war der Meinung, dass die Regierung sinnvolle Schritte zur Lösung des Problems unternimmt.

Insgesamt zeigen die Umfrageergebnisse, dass die Menschen im Gazastreifen einen politischen Wandel wünschen. Die Hamas hilft nicht dabei, die wirtschaftliche Lage zu verbessern und die Infrastruktur zu stärken.

Die Umfrage verdeutlicht, dass die Radikalen unter den Israelis keine Rechtfertigung für ihre aggressiven Forderungen haben. Die Bevölkerung im Gazastreifen ist genauso Opfer in diesem Krieg wie diejenigen, die auf israelischer Seite ermordet wurden. Die israelische Führung sollte das berücksichtigen. Die Hamas hat weniger Rückhalt als sie es nach außen darstellen.

Gaza ist nicht Hamas und Hamas ist nicht Gaza.

Zur Studie

Die Arab-Barometer-Umfrage im Westjordanland und im Gazastreifen, die in Zusammenarbeit vom Palestinian Center for Policy and Survey Research und mit Unterstützung der National Endowment for Democracy durchgeführt wurde, liefert eine Momentaufnahme der Ansichten der Bürger am Vorabend der jüngsten Eskalation.

Die letzten Befragungen wurden zwischen dem 28. September und dem 8. Oktober 2023 durchgeführt. Dabei wurden 790 Personen im Westjordanland und 399 im Gazastreifen befragt. Ob und wie sich die Eskalation auf die Stimmung in der Bevölkerung ausgewirkt hat, lässt sich nicht sagen.

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Autor:innen

Der Herausgeber von KATAPULT und Chefredakteur von KATAPULTU ist einsprachig in Wusterhusen bei Lubmin in der Nähe von Spandowerhagen aufgewachsen, studierte Politikwissenschaft und gründete während seines Studiums das KATAPULT-Magazin.

Aktuell pausiert er erfolgreich eine Promotion im Bereich der Politischen Theorie zum Thema »Die Theorie der radikalen Demokratie und die Potentiale ihrer Instrumentalisierung durch Rechtspopulisten«.

Veröffentlichungen:
Die Redaktion (Roman)

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