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Diese sogenannten weiblichen Fetozide sind auf dem patriarchal geprägten Subkontinent noch immer an der Tagesordnung. Der Mann gilt nach wie vor als Oberhaupt und Versorger der Familie. Dementsprechend tragen die Söhne den Familiennamen weiter, Mädchen hingegen gelten häufig als finanzielle Last für die Angehörigen, nicht zuletzt wegen der hohen Mitgift, die bei einer Heirat fällig wird. Weibliche Fetozide gelten als einer der Hauptgründe dafür, dass im bevölkerungsreichsten Land der Welt rund 46 Millionen Frauen fehlen. Um dem vorzubeugen, ist es in Indien schon seit 1994 verboten, das Geschlecht eines Babys bereits im Mutterleib zu bestimmen. Gebracht hat es wenig. Frauen wenden sich zur Geschlechtsbestimmung stattdessen häufig an kriminelle Banden. Gegen die gezielten Schwangerschaftsabbrüche regt sich jedoch zunehmend Widerstand. So etwa im Dorf Bibipur im nördlichen Bundesstaat Haryana, der noch vor gut zehn Jahren für die höchste Zahl weiblicher Fetozide bekannt war. Heute werden in Bibipur keine Föten mehr abgetrieben, nur weil sie weiblich sind. Im Gegenteil: Die Familien singen und verteilen Süßigkeiten, wenn ein Mädchen geboren wird – ein Brauch, der früher Jungen vorbehalten war. Das Umdenken kam vor allem durch das Engagement der Dorffrauen zustande, die einen eigenen Frauenrat gegründet haben. Der Dorfvorsteher unterstützt das Vorhaben und klärt gemeinsam mit dem Rat auch in naheliegenden Gemeinden auf.
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Autor:innen
Hat in Köln was mit Sprachen studiert und ist seit 2022 bei KATAPULT.
Geboren 1994, ist seit 2021 Grafikerin bei KATAPULT. Sie hat visuelle Kommunikation in Graz studiert und ist Illustratorin.