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Paper Towns

Wie aus einem fiktiven Ort ein realer wurde

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In Zeiten, in denen Karten noch aufwendig ohne Satellitenaufnahmen und Computer erstellt wurden, bauten sie deshalb gern ausgedachte Orte als »Fallen« in ihre Karten ein. Wenn andere Kartografen keine Neukartierungen anfertigten, sondern unrechtmäßig bereits vorhandene Kartenabschnitte übernahmen, konnte so der Betrug nachgewiesen werden. Je abgelegener und unbedeutender das Gebiet war, desto größer war auch die Wahrscheinlichkeit, dass diese falschen Orte den »Dieben« nicht auffielen.

Auf diese Weise erfanden die Kartenhersteller Otto G. Lindenberg und Ernest Alpers 1925 die nicht existierende Stadt »Agloe« und zeichneten sie in ihre neue Straßenkarte des Staates New York. Der Stadtname ist eine Kombination aus den Anfangsbuchstaben ihrer eigenen Namen.

Agloe stand dadurch bis in die 1990er Jahre in Straßenkarten des Ölkonzerns Exxon. Als der US-Verlag Rand McNally später in die Plagiatsfalle von Lindenberg und Alpers tappte und Agloe auch auf seinen Karten erschien, konnte der Verlag der Klage wegen Urheberrechtsverletzung jedoch entgehen: Sollte er die Karte tatsächlich kopiert haben, hatte er Glück, denn in der Zwischenzeit war ein Gemischtwarenladen an dem vermeintlich fiktiven Ort entstanden. 1930 hatte ein Mann den Namen auf Lindbergs Karte entdeckt und seine nahegelegene Fischerhütte die »Agloe Fishing Lodge« getauft.

Heute ist unklar, wo genau der Gemischtwarenladen und die Fishing Lodge einmal standen, denn beide gibt es nicht mehr. Agloe ist dadurch wieder verschwunden – auch von den Karten.

Nach Erscheinen des Jugendromans »Paper Towns« (2008) von John Green bildete sich jedoch eine kleine Fankultur um den Ort Agloe, der sich inzwischen durch ein angebrachtes Schild »Welcome to Agloe, home of the Agloe General Store. Come back soon!« wiederfinden lässt.

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