Trotz lautstarker Stimmungsmache von Klimaleugnern wie Pandemieskeptikern oder Rechtspopulisten zeigt eine neue Studie: Drei Viertel der Weltbevölkerung vertrauen wissenschaftlichen Methoden, um herauszufinden, ob etwas wahr oder falsch ist.
Grundlage sind die Antworten von knapp 72.000 Menschen aus 68 Ländern. Ein internationales Forschungsteam erfasste das Vertrauen in Wissenschaftler anhand der Kriterien Kompetenz, Wohlwollen gegenüber der Gesellschaft, Integrität (Ehrlichkeit und moralisches Handeln) und Kritikfähigkeit.
Ergebnis: Weltweit ist das Vertrauen in Wissenschaftler teils hoch, und nirgendwo ist es besonders gering. So meinen mit 78 Prozent überdurchschnittlich viele, dass Wissenschaftler qualifizierte und hochwirksame Forschung betreiben; weitere 16 Prozent wählten die neutrale Antwortmöglichkeit. Die meisten Befragten – 57 beziehungsweise 56 Prozent – bewerten ihre Ehrlichkeit und ihr gesellschaftliches Engagement ebenfalls positiv.
Parallel zeigt sich der Wunsch einer großen Mehrheit der Befragten, dass Wissenschaftler mit der Bevölkerung in Dialog treten und sie sich stärker in gesellschaftliche und politische Fragen einbringen. Lediglich das Kriterium Offenheit für andere Perspektiven wird mit einem Wert von 42 Prozent als etwas geringer eingeschätzt. Folglich betrachten die Studienautoren den Austausch mit der Öffentlichkeit als ausbaufähig.
Die Studie offenbart nämlich das Gefühl vieler Menschen, dass die Wissenschaft falsche Schwerpunkte setzt. Themen wie Gesundheit, Energieversorgung und Armutsbekämpfung bewerten die Befragten als besonders wichtig – Bereiche, die ihrer Meinung nach zu wenig Aufmerksamkeit erhalten. Stattdessen flössen zu viele Ressourcen in Verteidigung und Militärtechnologie.
Zwar ist das Vertrauen in Wissenschaftler in keinem der 68 untersuchten Länder generell niedrig, doch die Unterschiede sind groß: Größeres Vertrauen zeigen im Schnitt ältere, weibliche, städtische, gebildete und eher links eingestellte Menschen.
Skepsis zeigen eher Konservative, Menschen mit einer stärkeren Neigung zu sozialen Hierarchien und solche mit populistischen Einstellungen.
Der Zusammenhang zwischen politischer Position und Wissenschaftsvertrauen variiert jedoch: Die Studienautoren schlussfolgern, dass weniger die persönlichen Überzeugungen entscheidend sind, als vielmehr die Haltung der politischen Führung des betreffenden Landes gegenüber der Wissenschaft.
Überraschend ist der Befund, dass Religiosität in manchen Ländern mit höherem Vertrauen in die Wissenschaft einhergeht – entgegen der Ergebnisse früherer Studien.
Auch das Bildungsniveau erklärt das Vertrauen nicht wie bislang angenommen.
Und in Regionen mit hoher Ungleichheit und Korruption, etwa in Teilen Lateinamerikas oder Afrikas, genießen Wissenschaftler oft besonders großes Vertrauen – offenbar, weil sie als glaubwürdige Alternative zu korrupten Eliten wahrgenommen werden, vermuten die Studienautoren.
Studie: „Trust in scientists and their role in society across 68 countries“ von Viktoria Cologna, Niels G. Mede, Sebastian Berger und rund 370 weiteren Wissenschaftler:innen (Januar 2025).
Studiendesign
- Stil: quantitativ
- Dauer: Querschnitt
- Erhebung: Fragebögen (Kongo: Interviews)
- Veröffentlichung: Fachjournal
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