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Soziale Medien

Telegram hat ein Problem mit rechter Hetze

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Attila Hildmann ist einer der bekanntesten Telegram-Nutzer. Die Plattform machte es ihm möglich, seine Verschwörungsideologien ganz einfach in offenen Kanälen an tausende von User:innen zu verbreiten. Er ruft zum Sturz der deutschen Regierung auf und droht Gegnern Gewalt an. Doch seine Hassrede hatte Folgen. Der ehemalige Grünen-Politiker Volker Beck hat nun eine einstweilige Verfügung gegen ihn durch das Landgericht Berlin erwirkt. Hildmann muss nun seine Beleidigungen löschen, sonst drohen ihm hohe Bußgelder oder eine Ordnungshaft.

Ob er aber strafrechtlich verfolgt werden kann, ist fraglich. Hildmann hat sich Anfang März diesen Jahres in die Türkei abgesetzt. Daher hat die Generalstaatsanwaltschaft in Berlin wenig Mittel, um einen Haftbefehl gegen ihn zu vollstrecken.

Der Fall zeigt, dass Soziale Medien immer häufiger als Verbreitungsmedien für verfassungswidrige Inhalte genutzt werden. Auch Innenministerin Nancy Faeser hat angekündigt, stärker gegen Hetzbeiträge auf Telegram vorzugehen. Wie das gehen soll, ist noch unklar. Seit Anfang des Jahres bestehen zwei Verfahren gegen Telegram wegen des Verstoßes gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NDG). Das Gesetz besagt, dass Anbieter Sozialer Netzwerke dazu verpflichtet sind, rechtswidrige Inhalte zu löschen. Bisher hat sich Telegram noch nicht dem Verfahren gestellt. Die Entwickler befinden sich nach eigenen Angaben in Dubai zeigen sich den deutschen Behörden wenig kooperativ.

Strafrechtliche Verfolgung oft schwierig

Telegram fällt erst seit kurzem unter das NDG. Das gilt zwar für Soziale Medien wie Facebook oder Twitter, aber nicht für Medien wie WhatsApp, die zur Individualkommunikation dienen. Weil auf Telegram mittlerweile bis zu 20.000 Menschen in offenen Kanälen kommunizieren können, geht das Bundesamt für Justiz inzwischen von einem Sozialen Netzwerk aus und geht gegen den Messenger-Dienst vor.

Rechtsextreme Inhalte im Netz werden immer häufiger verbreitet. Das zeigt auch eine Studie von jugendschutz.net. Gerade wird vor allem die Corona-Pandemie von Rechtsextremen instrumentalisiert, um ihre Ideologien und Falschmeldungen zu verbreiten. Jugendliche sind besonders gefährdet, mit rechter Propaganda konfrontiert zu werden. Denn seit dem Ausbruch der Pandemie verbringen sie noch mehr Zeit im Netz. Rechte nutzen diese Nutzungsgewohnheiten, um junge Menschen mit ihren menschenfeindlichen Inhalten zu erreichen. Sie greifen rassistische und antisemitische Hassbilder auf und füttern damit ihre Propaganda. 

Vor allem Soziale Medien sind für Rechtsextreme ein wichtiger Kommunikationskanal. Nach jugendschutz.net wurden hier zwischen 2020 bis Juni 2021 über 90 Prozent der Verstoßfälle registriert. Das sind beispielsweise Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung oder Holocaust-Leugnung. Die Meldemöglichkeiten auf Facebook, Twitter und Co. sind aber unzureichend, meint jugendschutz.net. Beispielsweise können bei Youtube ohne Account keine Beschwerden abgegeben werden, obwohl die meisten Inhalte frei aufrufbar sind. Außerdem werden nur knapp 45 Prozent der Inhalte nach einer Nutzermeldung gelöscht. Nach Angaben von jugendschutz.net konnte eine Löschquote von 87 Prozent erreicht werden, nachdem sich die Stelle direkt an die Anbieter der Social-Media-Dienste wandte.

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Ehemalige Redakteurin bei KATAPULT. Hat Onlinejournalismus und Humangeographie in Darmstadt und Mainz studiert.

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