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Truppenbewegung

Russland verstärkt Militärpräsenz an Grenze zu Finnland

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Noch handelt es sich dabei offenbar um den Beginn eines langfristig angelegten Aufbaus. Im Unterschied zur massiven Truppenverlegung an die ukrainische Grenze vor der Invasion 2022 sei derzeit keine unmittelbare Eskalation zu befürchten, betonen NATO-Offizielle.

Momentan sind nur wenige russische Soldaten in der Region stationiert – Finnland sieht in den Entwicklungen bislang keine akute Bedrohung.

US-Soldaten sichern eine Stellung während eines Manövers im finnischen Sodankylä, nördlich des Polarkreises, am 27. Februar 2025. Satellitenaufnahmen, die von NATO-Offiziellen bestätigt wurden, zeigen: Russland baut Militärstützpunkte und andere Infrastrukturen in Grenznähe zu Finnland, einem der jüngsten Mitglieder des Bündnisses, deutlich aus. (Jim Huylebroek / The New York Times)

Dennoch ist der Ausbau bemerkenswert: Seit dem NATO-Beitritt Finnlands im Jahr 2023 verläuft die längste direkte Grenze zwischen dem Verteidigungsbündnis und Russland über finnisches Territorium – rund 1.340 Kilometer. In Moskau dürfte dies als erheblicher sicherheitspolitischer Reizpunkt gewertet werden.

Militäranalysten warnen bereits, dass der Grenzstreifen zu einer neuen geopolitischen Spannungszone werden könnte – zumal große Teile davon innerhalb des strategisch wichtigen Polarkreises liegen.

Erst kürzlich hielten US-amerikanische und finnische Truppen ein groß angelegtes Manöver in arktischem Gelände ab: Soldaten patrouillierten durch die Wälder, Finnen bewegten sich auf Langlaufskiern durch das Gelände. Das Szenario des Manövers war klar – der Gegner: Russland.

Finnlands Verteidigungsministerium geht davon aus, dass Russland nach einem möglichen Ende der intensiven Gefechte in der Ukraine erhebliche Truppenteile an die finnische Grenze verlagern wird – Tausende Soldaten könnten dann in die Region kommen.

„Wir sprechen dann über deutlich höhere Truppenstärken“, sagte Brigadegeneral Pekka Turunen, Chef des finnischen Militärgeheimdienstes. Man rechne damit, dass sich die Zahl der russischen Soldaten in Grenznähe verdreifachen werde. Dafür blieben voraussichtlich fünf Jahre Zeit.

Aus russischer Sicht sei der Truppenaufbau eine defensive Maßnahme gegen die fortschreitende NATO-Erweiterung – ein Thema, das in Moskau seit jeher als existenzielle Bedrohung betrachtet wird. Bereits die Aufnahme der baltischen Staaten in das Bündnis hatte die russischen Grenzen weit nach Westen verschoben. Die Perspektive, dass auch die Ukraine NATO-Mitglied werden könnte, war schließlich einer der entscheidenden Auslöser für den großangelegten Angriffskrieg 2022.

„Russlands Streitkräfte erleben derzeit eine erhebliche Expansion“, sagt Michael Kofman, Militärexperte der Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace in Washington. „Nach dem Krieg wird das russische Heer voraussichtlich größer sein als vor 2022.“ Die geplante Umstrukturierung der russischen Militärdistrikte zeige, dass man sich verstärkt auf Gebiete mit NATO-Kontakt fokussiere.

Auch hochrangige NATO-Vertreter teilen diese Einschätzung. Sobald der Krieg in der Ukraine endet, werde Russland seine Truppen schrittweise nach Norden verlegen, so ein Vertreter des Bündnisses. „Russland sieht den Zugang zur Arktis als Schlüssel zur Weltmachtstellung.“

Tatsächlich zeigen Satellitenbilder, dass russische Helikopter nach zwei Jahrzehnten wieder auf eine Militärbasis nahe Murmansk zurückgekehrt sind – einer Hafenstadt jenseits des Polarkreises. Angesichts ukrainischer Drohnenangriffe auf Flugfelder in russischem Kernland verlegen die russischen Streitkräfte ihre Fluggeräte offenbar weiter nach Norden – und damit näher an NATO-Gebiet.

Dutzende russische Kampfjets wurden kürzlich auf dem Luftwaffenstützpunkt Olenja beobachtet – ebenfalls in der Arktis, keine 160 Kilometer von der finnischen Grenze entfernt. Bei Kamenka, einem weiteren Stützpunkt weniger als 65 Kilometer von Finnland, wurden mehr als 100 neue Zelte errichtet.

„Russland erweitert Brigaden zu Divisionen, was bedeutet, dass die Einheiten an unserer Grenze um Tausende Soldaten wachsen werden“, sagt Emil Kastehelmi, Analyst der finnischen Organisation Black Bird Group, die militärische Entwicklungen in Nordeuropa und der Ukraine beobachtet.

Kastehelmi hat im Auftrag der New York Times Dutzende Satellitenbilder analysiert. Er rechnet mit tiefgreifenden Veränderungen in der Region – je nachdem, wie und wann der Krieg in der Ukraine endet.

Auch in Alakurtti, unweit der finnischen Grenze, sowie in Petrosawodsk wurden neue Gebäude errichtet, die dutzenden Militärfahrzeugen Platz bieten könnten. Sogar auf einem Stützpunkt rund 130 Kilometer von Estland entfernt gibt es verstärkte Aktivitäten: neue Zelte, neues Gerät.

Finnland bleibt gelassen, zumindest nach außen. Ein altes Sprichwort lautet: Russland ist nie so stark, wie es scheint – und nie so schwach, wie es wirkt.

So äußert sich auch Janne Kuusela, Direktor für Verteidigungspolitik im finnischen Verteidigungsministerium, betont nüchtern: „Ein Aufbau militärischer Kräfte in unserer Nachbarschaft wird nach dem Abflauen der Kämpfe in der Ukraine stattfinden.“

Wann das sein wird? „Das wissen wir nicht. Aber genau darauf müssen wir vorbereitet sein.“

This article originally appeared in The New York Times
©2025 The New York Times Company

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