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Ausgabe 6

Panzer

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Ich beobachte Leute im Kiosk – manchmal. Ich will wissen, wie sie einkaufen, wie sie Cover angucken und welche Seiten sie zuerst aufschlagen. Das letzte Mal war ich in der Greifswalder Bahnhofsbuchhandlung. Ein Mann kam in einer etwas zu kurzen Flecktarnhose ins Geschäft, steuerte die Verkäuferin an und fragte: »Haben Sie Panzer?« Was für eine beknackte Frage. Ich war auf den verwirrten Blick der Verkäuferin gespannt. – Sie antwortete ohne verwirrten Blick: »Ja klar, das neue Heft kommt aber erst in zwei Tagen.« Okay, der Typ war doch nicht bescheuert. Es gibt anscheinend ein Magazin mit dem Namen »Panzer«. Was für ein komischer Name, dachte ich. Bestimmt gewaltverherrlichend. Dann fiel mir ein, dass sich Katapult ja Katapult nennt. Was für ein bescheuerter Name. Bestimmt gewaltverherrlichend. Aber eigentlich doch auch ein ganz toller Name. Fast so gut wie Panzer.

Meine Einstellung zum Wort »Panzer« hat sich innerhalb von zwei Sekunden geändert. Alte und militärische Begriffe deuten zwar darauf hin, dass etwas alt und militärisch ist – gelegentlich sind Namen aber nur Namen. Das Magazin »Cicero« hat beispielsweise wenig mit dem römischen Schriftsteller Marcus Tullius Cicero oder dem Sänger Roger Cicero zu tun. Im ersteren Fall würde es schon deshalb nicht passen, weil der Name falsch ausgesprochen würde. Das weiß jeder, der mal das große Latinum abgebrochen hat: ein C wird wie ein K gesprochen – »Kikero«. Um sicherzugehen, hab ich dann aber doch noch mal beim Cicero angerufen und gefragt. Ergebnis: Der Magazinname ist eine Referenz auf den römischen Schriftsteller Marcus Tullius Cicero. Genau, wie ich nicht gesagt habe.

Meine erste Frage war allerdings nur ein Vorwand. Denn eigentlich wollte ich was ganz anderes vom Cicero wissen: Ist der Cicero rechtspopulistisch und wie steht man zu solchen Anschuldigungen? Antwort: Er war es noch nie. Das waren tendenziöse Artikel. Ich habe die Frage auch nur gestellt, weil mir aufgefallen war, dass ein AfD-kritischer Artikel des Cicero nicht so gut bei dessen Lesern ankam. Es gab bei Facebook weniger Likes als sonst und in der Kommentarspalte bedauerten Pegidisten und AfDler, dass der Cicero jetzt doch zur Lügenpresse gehört. Gut – aber das Magazin veröffentlichte anschließend drei Artikel über den gefährlichen Islam, selbstgerechte Grüne und unerwünschte Flüchtlinge. Die Leser likten wieder. Vielleicht ist der Cicero nicht rechtspopulistisch, er produziert nur viele Artikel, die Rechtspopulisten gefallen.

Wie kann man eigentlich Katapult politisch einordnen? Das werde ich immer wieder gefragt, und besonders nervig sind Leute, die unter falschem Vorwand erst eine harmlose Frage zu unserem Namen stellen und danach ewig mit mir über die politische Ausrichtung diskutieren. Wenn diese Frage aufkommt, lenke ich immer geschickt vom Thema ab. Bei »Panzer« gibt es übrigens zu jeder Ausgabe einen Miniaturpanzer geschenkt. Das ist so genial, dass ich mittlerweile einen Miniaturkatapulthersteller suche. Wenn Sie das auch für eine gute Idee halten, schicken Sie bitte das Stichwort »Panzer« an die 0176 56 99 89 44 oder schreiben es an unsere Facebook-Pinnwand.

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Fußnoten

  1. Das Wichtigste steht immer in der Fußnote. Deshalb hier die Antwort: Wir sind ein wissenschaftliches Magazin und kooperieren grundsätzlich mit allen Wissenschaftlern – egal welcher Partei sie nahestehen. Mit Rassisten und Antisemiten kooperieren wir nicht, aber die gibt es in der Wissenschaft auch nur selten.

Autor:innen

Der Herausgeber von KATAPULT und Chefredakteur von KATAPULTU ist einsprachig in Wusterhusen bei Lubmin in der Nähe von Spandowerhagen aufgewachsen, studierte Politikwissenschaft und gründete während seines Studiums das KATAPULT-Magazin.

Aktuell pausiert er erfolgreich eine Promotion im Bereich der Politischen Theorie zum Thema »Die Theorie der radikalen Demokratie und die Potentiale ihrer Instrumentalisierung durch Rechtspopulisten«.

Veröffentlichungen:
Die Redaktion (Roman)

Pressebilder:

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