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Domestic Terrorism

Mehr rechter Terrorismus in den USA – aber weniger Tote

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Aktivitäten rechtsextremer Terroristen in den Vereinigten Staaten nehmen zu. Ihre Opfer sind Schwarze, Juden, Einwanderer, LGBT-Personen und andere Minderheiten. Mit Gewehren, Messern, Bomben und Autos greifen sie Synagogen, Abtreibungskliniken und Gerichtsgebäude an. Das geht aus neuen Daten des Center for Strategic and International Studies (CSIS) hervor, einer auf Sicherheitspolitik spezialisierten unabhängigen Denkfabrik in Washington.

Als domestic terrorism werden Gewaltakte bezeichnet, bei denen nichtstaatliche inländische Akteure vorsätzlich Gewalt gegen inländische Ziele anwenden, um politische Ziele zu erreichen und eine breite psychologische Wirkung zu erzielen. Allein im Jahr 2020 zählte das CSIS mindestens 110 solcher Gewaltakte – so viele wie nie seit Beginn der Erhebung vor einem Vierteljahrhundert. Für 73 dieser Angriffe und vereitelten Pläne waren mutmaßlich Rechtsextreme verantwortlich.

Die Daten des CSIS sind nicht perfekt. Als Quellen dienen unter anderem Medienberichte. Somit ist etwa nicht auszuschließen, dass der massive Anstieg im Jahr 2020 zumindest teilweise auch durch eine deutlich dichtere Medienberichterstattung begründet ist, die auch weniger gravierende Zwischenfälle wie die gewaltsame Einschüchterung von linken Demonstranten dokumentierte. Dennoch sind die Daten ein Warnzeichen.

Seit 2015 töteten Rechtsextremisten demnach mindestens 91 Menschen bei mindestens 267 terroristischen Gewaltakten. Durch Linksradikale starben im gleichen Zeitraum 19 Menschen. Während die Zahl der Anschläge und Anschlagspläne wächst, ist die Zahl der Todesopfer durch inländischen Terrorismus paradoxerweise auf dem niedrigsten Stand seit 2013. Nur fünf Menschen starben, 2019 waren es noch 35 und 2016 wurden sogar 66 Menschen getötet.

Terroristen mit Militärhintergrund

Dieser rechte Terrorismus geht oft auch von militärisch geschulten Personen aus. Im Jahr 2020 teilte die Bundespolizei FBI dem Verteidigungsministerium mit, dass es 143 strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet hatte, in die aktuelle oder frühere Angehörige der Streitkräfte verwickelt waren. In 68 Fällen ging es um domestic terorrism. Nach dem Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol am 6. Januar dieses Jahres wurden bislang mindestens 31 Veteranen, ein Reservist und ein Mitglied der Nationalgarde wegen Verschwörung und anderer Straftaten angeklagt.

Laut dem FBI waren 37 Prozent der terroristischen Einzeltäter in den Vereinigten Staaten zwischen 1972 und 2015 im Militär. Nach der Jahrtausendwende brach diese Zahl ein. Das CSIS warnt nun davor, dass sich dieser Trend umzukehren droht: Aktive Soldaten und Reservisten waren ihren Daten zufolge im Jahr 2020 für 6,4 Prozent aller inländischen Terroranschläge und -plots verantwortlich. Im Januar dieses Jahres waren es sogar 17,6 Prozent.

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Fußnoten

  1. Jones, Seth G.; Catrina Doxsee, Grace Hwang & Jared Thompson: The Military, Police, and the Rise of Terrorism in the United States, auf: csis.org (12.4.2021).
  2. Center for Strategic and International Studies (Hg.): Methodology and Codebook, auf: csis.org (ohne Datum).
  3. Jones et al. 2021.

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