Machtkampf um die polare Seidenstraße
Im Vergleich zum globalen Durchschnitt fällt die Erderwärmung in der Arktis zwei- bis dreimal so hoch aus. Vom Beginn der Satellitenaufzeichnung 1978 bis 2020 ist die Fläche des arktischen Eises insgesamt um 1,56 Millionen Quadratkilometer zurückgegangen – das entspricht etwa der Größe der Mongolei.1 Was heute noch schwer vorstellbar ist, tritt Schätzungen zufolge schon ab Mitte der 2040er-Jahre ein: Das Meer wird komplett eisfrei und damit auch für Schiffe befahrbar sein.2 Dies eröffnet zum einen neue und vor allem kürzere Seewege. Zum anderen schafft es einen Zugang zu vielen noch unerschlossenen Rohstoffen wie Erdgas, Erdöl und wertvollen Mineralien. Das macht die Region für Staaten somit nicht nur wirtschaftlich, sondern auch geopolitisch interessant.
Das Arktische Meer ist von fünf Staaten umgeben: Dänemark (durch Grönland), Kanada, Russland, Norwegen und den USA. Aber auch Finnland, Island und Schweden besitzen territoriale Anteile der Arktis. Diese acht Länder schlossen sich 1996 zum Arktischen Rat zusammen. Er ist das wichtigste Forum für den Ausgleich der staatlichen Interessen in der Region. Sechs indigene Volksgruppen sind ebenfalls im Rat vertreten. Zusätzliche Mitglieder sind Staaten und Nichtregierungsorganisationen, die allesamt Beobachterstatus haben.3 Der Arktische Rat regelt etwa die Zusammenarbeit in Umweltschutzfragen, Seenotoperationen sowie den Küstenschutz. Das Gremium befasst sich jedoch nicht mit Sicherheitsfragen.