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Wussten Sie, dass die Grünen im Interesse der internationalen Finanzlobby deutsche Omas um ihr Erspartes bringen? Das stimmt zwar nicht, steht aber im neurechten Magazin Compact. Die Zeitschrift von Jürgen Elsässer, einem ehemaligen Linken, der auf die rechte Seite gewechselt ist, gehört zu den erfolgreichsten Magazingründungen der letzten zehn Jahre. Im Bahnhofsbuchhandel findet man sie inzwischen häufiger neben Katapult und dem Knicker. Darauf haben wir allerdings keinen Einfluss, die Verkäufer entscheiden selbst, wo sie die Magazine platzieren. In unmittelbarer Nachbarschaft finden sich oft weitere rechte Neuerscheinungen. Darunter Cato. Es nennt sich selbst »Magazin für neue Sachlichkeit«, versucht aber eigentlich, eher konservative Leser von völkischen Ideen zu überzeugen. Das Rezept dafür: viel Heimatgefühl, ein bisschen nationalistische Philosophie, viele Bilder von Caspar David Friedrich.
Rechte Publikationen drängen so stark in die Mitte wie seit Jahrzehnten nicht. In zahlreichen Buchläden liegen Artikel der Verlage Kopp, Macht steuert Wissen oder Antaios aus. Titel wie Die Souveränitätslüge stehen im Politikregal neben ernstzunehmenden Analysen. In manchen Kleinstädten sind sogar ganze Auslagetische für sie reserviert – unkommentiert. Das Problem: Viele Leser wissen nicht, wer hinter diesen Titeln steckt. Das bemerke ich, seitdem solche Bücher hin und wieder als Geschenke bei Familienfeiern auftauchen.
Was die Bücher und Magazine dieser Verlage eint, neben ihrer Strategie der Vereinfachung und Skandalisierung, ist ein gemeinsamer Feind: die Medien. Sie bedienen das Narrativ der »Lügenpresse« manchmal elaborierter, manchmal ebenso platt wie auf Pegida-Demonstrationen. »Die Medien manipulieren uns!«, der Vorwurf ist nicht neu. Kritik an der Presseberichterstattung ist so alt wie die Medien selbst. Allerdings versuchen die Rechten nicht, journalistische Arbeit differenziert zu beleuchten, sie wollen sie bestimmen. Sie verlangen nicht mehr, sondern weniger Medienvielfalt. Abweichende Meinungen deuten sie als Beweis für die Manipulationsmacht des Gegners.
Der Vorwurf der »Lügenpresse« lenkt ab, denn differenzierte Medienkritik ist nötig. Auch eine Diskussion, ob ARD und ZDF ausgewogen berichten, ist legitim. Allerdings gehört zur Medienlandschaft weit mehr als die gebührenfinanzierten Sender. Der Großteil des Meinungsmarktes wird privat organisiert. Eine herausragende Stellung haben dabei einige wenige Großverlage: Sie geben die meisten Tageszeitungen und Magazine heraus, finanzieren Fernsehsender und digitale Nachrichtenangebote. Zu welchem Verlag ihr Lokalblatt oder ihre Fernsehzeitung gehört, wissen allerdings nur wenige Leser. Dass der Politikartikel ihres Tageszeitungsredakteurs so meist noch in zahlreichen weiteren Zeitungen veröffentlicht wird, ebenso wenige. Große Verlage konzentrieren immer mehr Informationsangebote auf sich. Um Kosten zu sparen, entstehen viele Nachrichten nicht mehr vor Ort, sondern in den Zentralen. Für eine wachsende Zahl an Medien geben wenige Verlage die inhaltliche Linie vor. Einige Namen: Springer, Bauer, Funke, Madsack, DuMont, Holtzbrinck, Bertelsmann. Auch wenn die nur wenige kennen, sind ihre Produkte umso bekannter – wie unsere große A1-Grafik im Innenteil zeigt.
Eine öffentliche Debatte über die Medienkonzentration fehlt, lediglich Branchenbeobachter nehmen regelmäßig Stellung – etwa Meedia, Übermedien, Bildblog, Fernsehsendungen wie Zapp, oder die Satiresendung Die Anstalt. Deshalb behandeln wir das Thema in dieser Ausgabe –aufbereitet in Karten und der riesigen Infografik. Außerdem haben wir einen Vorschlag: Ab sofort schreibt jede Zeitung und Zeitschrift auf das Cover, welches Verlagshaus hinter ihr steht und wer noch daran beteiligt ist. Bei uns steht es ja auch vorn drauf: Katapult. 100 Prozent.
Den neuen Knicker gibt es zusammen mit dem Katapult-Magazin im Abo oder einzeln im Shop. Die Katapult-Redaktion arbeitet gemeinnützig und unabhängig. Unterstützen Sie unsere Arbeit!
Autor:innen
Geboren 1988, von 2017 bis 2022 bei KATAPULT und Chefredakteur des KNICKER, dem Katapult-Faltmagazin. Er hat Politik- und Musikwissenschaft in Halle und Berlin studiert und lehrt als Dozent für GIS-Analysen. Zu seinen Schwerpunkten zählen Geoinformatik sowie vergleichende Politik- und Medienanalysen.