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Wen wählen Naturschützer? Jedenfalls nicht mehr die Grünen. Seitdem die Partei ihre Forderung nach erneuerbaren Energien auch politisch umsetzen konnte, hat sie sich in zwei Lager geteilt. Der Keil, der sie trennt, ist die Windkraft.
Die einen fordern ihren schnellstmöglichen Ausbau, um fossile Energieträger abzulösen, die anderen wollen neue Windkraftanlagen verhindern, um die Tierwelt zu schützen.
Eine Windkraftanlage tötet laut Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) etwa fünf Vögel und drei Fledermäuse pro Jahr. Darunter befinden sich auch vom Aussterben bedrohte Tiere wie der Rotmilan. Artenschützer haben sich deshalb zu einer Lobby gegen die Windkraft formiert. Politisch unterstützt werden sie kurioserweise von der AfD, die derzeit als einzige Partei geschlossen gegen erneuerbare Energien und besonders gegen die Windkraft arbeitet.
Windkraft ist in diesem Sinne die neue Atomkraft und ihr schrillster Gegner heißt Enoch zu Guttenberg, Vater des ehemaligen Verteidigungsministers Karl Theordor zu Guttenberg. Der Mitbegründer des BUND behauptet: »Kein Krieg hat das Gesicht unseres Landes so zerstört wie die unseligen Windräder.«
Die Liste der Windkraftgegner kann beliebig verlängert werden: vom Anwohner, der sich am Lärm der Rotorblätter stört, bis zum Chefredakteur des Cicero, der nicht mehr in die Landschaft blicken kann, ohne dass ihm dabei ein Windrad die Sicht versperrt.
Die Schäden durch Windkraftparks können tatsächlich enorm sein, die Tierwelt und im schlimmsten Fall auch menschliche Existenzen zerstören. Die Lebensqualität ist in der Nähe eines Windrades niedrig, weil der Geräuschpegel hoch ist und die Rotorblätter flatterndes Licht (»Diskoeffekt«) in die Wohnung bringen.
Meistens sind jedoch keine Menschen, sondern Vögel die Opfer. Sie werden von den Rotorblättern erschlagen, durch den erzeugten Unterdruck getötet oder fliegen gegen den Mast. Windkraftanlagen sind auch dann eine Gefahr für Vögel, wenn sie nicht in Betrieb sind. Denn Vögel sind nicht immer in der Lage, den mehrere Meter breiten Mast eines Windrades zu erkennen. Sie fliegen mit voller Geschwindigkeit gegen ihn, erleiden Verletzungen am Schädel oder im vorderen Bereich des Rumpfes und fallen an den Mastfuß.
Möglichkeiten der Schadensminimierung
Einige Vogelarten verwechseln einen weißen Mast anscheinend mit dem Horizont und fliegen deshalb gegen ihn, wie gegen eine Scheibe, die ein ähnlich unvorhersehbares Hindernis für Vögel darstellt. Die Staatliche Vogelschutzwarte des Landes Brandenburg empfiehlt deshalb, die unteren 15 bis 20 Meter eines Mastes grün oder braun einzufärben. Bei Windkraftanlagen dieser Art ist der Vogelschlag in Mastnähe schon heute deutlich geringer oder gar nicht vorhanden.
Die vom Rotorschlag getöteten Tiere sind durch den Mastanstrich selbstverständlich nicht gerettet. Vor der Errichtung einer neuen Anlage wird deshalb zuerst geprüft, ob im Gebiet des potentiellen Baus schützenswerte Vögel ihr Nest oder ihren Horst gebaut haben. Bisher haben seltene Tierarten manchmal zum Baustopp geführt, manchmal aber auch nicht. Die Diskussionen um einen solchen Baustopp werden ähnlich engagiert geführt wie die zu Atomkraftzeiten. Es scheint so, als wären die Interessen der Energiewirtschaft und die der Artenschützer kaum vereinbar. Deshalb soll an dieser Stelle ein Vorschlag zur Schlichtung zwischen Artenschützern und Windkraftbefürwortern gemacht werden.
Vorschlag, um den Konflikt zwischen Artenschützern und Windenergiebetreibern zu beenden
Für jedes gebaute Windrad sollte ein Meter freie Stromleitung (Freileitung) durch Erdkabel ersetzt werden. Freileitungen sind noch viel gefährlicher für Vögel als Windräder. Etwa 400 bis 700 Tiere werden pro Kilometer in Deutschland durch die frei hängenden Stromleitungen getötet. Die Verlegung eines Erdkabels ist zwar sechsmal teurer als eine Freileitung und sehr wartungsaufwendig, allerdings sind sie witterungsbeständiger und vor allem: keine Gefahr für fliegende Tiere. Die Bundesregierung wirbt derzeit ohnehin für die Erdkabelverlegung, um den für die Energiewende notwendigen Netzausbau voranzubringen.
Ausgleichsmaßnahmen existieren zwar schon heute, jedoch machen sie nicht genau das wett, was durch die Windkraftanlagen zerstört wird. Derzeit werden für Windräder beispielsweise Moore wiedervernässt, Streuobstwiesen gepflanzt und Wald aufgeforstet. Wenn man das Wort »?Ausgleichsmaßnahme?« jedoch ernst nimmt, müsste etwas gefunden werden, das Vogelschlag verhindert. Im Fall einer Reduzierung von Freileitungen wäre das der Fall.
Windkraftbetreiber könnten dazu verpflichtet werden, den Ausbau von Erdkabeln in Deutschland zu finanzieren. Dafür müsste ein Fond eingerichtet werden, in den Windenergiefirmen immer dann einzahlen müssen, wenn sie in besonders schützenswerten Regionen Windkraftanlagen bauen und dadurch vom Aussterben bedrohte Tiere gefährden.
Sie hätten dadurch einerseits einen finanziellen Anreiz, solche Regionen tatsächlich zu meiden. Andererseits würden im Falle eines Baus und der Einzahlung in den Fond Ausgleichsmaßnahmen - die Verlegung der Erdkabel - getroffen werden, die die Tierwelt enorm schützen.
Dieser Beitrag erschien in der dritten Druckausgabe von KATAPULT. Sie wollen mehr gute Vorschläge? - Abonnieren Sie KATAPULT und unterstützen Sie unsere Arbeit.
Autor:innen
Der Herausgeber von KATAPULT und Chefredakteur von KATAPULTU ist einsprachig in Wusterhusen bei Lubmin in der Nähe von Spandowerhagen aufgewachsen, studierte Politikwissenschaft und gründete während seines Studiums das KATAPULT-Magazin.
Aktuell pausiert er erfolgreich eine Promotion im Bereich der Politischen Theorie zum Thema »Die Theorie der radikalen Demokratie und die Potentiale ihrer Instrumentalisierung durch Rechtspopulisten«.
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Die Redaktion (Roman)
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