Zum Inhalt springen

Gleichstellung

Deutschland braucht Gender-Mainstreaming

Von

Artikel teilen

Durch das traditionelle Familienbild, für das in letzter Zeit vor allem die AfD steht, wird auch wieder vermehrt über die Rolle der Frau und deren Entwicklung gesprochen. Sind Männer und Frauen in Deutschland gleichgestellt? Ein Indiz hierfür ist die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt.

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht hierzu jedes Jahr den sogenannten Gender Pay Gap (Geschlechter-Einkommenslücke). Demnach beträgt der durchschnittliche Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern 21 Prozent – zugunsten der Männer; im europäischen Vergleich einer der höchsten Werte.

An diesen Zahlen gibt es berechtigte Kritik, weil wichtige Faktoren unberücksichtigt bleiben. Es wird auch vom »unbereinigten« Gender Pay Gap gesprochen.

So hat »bereits die Entscheidung für einen bestimmten Beruf und die damit verbundene Branchenzugehörigkeit mit den entsprechenden Verdienstmöglichkeiten und Karrierechancen [..] einen nicht zu unterschätzenden Einfluss«.

Der Frauenanteil in besonders schlecht bezahlten Berufen ist beispielsweise sehr hoch, gut bezahlte Führungskräfte sind vor allem Männer. Zudem haben Frauen häufig eine schlechtere Ausbildung. So haben nur rund 16 Prozent aller erwerbstätigen Frauen einen Hochschulabschluss aber mehr als 21 Prozent der Männer.

Auch »familienbedingte Erwerbsunterbrechungen«, das heißt die Schwangerschaft mit nachfolgender Kinderauszeit, können für Frauen Karriereeinbußen bedeuten. Unterschiede in der Bezahlung können auch daran liegen, dass Frauen andere Zugangschancen zu bestimmten Tätigkeitsfeldern oder Leistungsgruppen haben. Im Gegensatz zum unbereinigten Gender Pay Gap werden im statistisch bereinigten diese strukturellen Unterschiede berücksichtigt und herausgerechnet. Er zeigt also an, wie groß der geschlechterspezifische Unterschied bei gleicher Arbeit ist. Übrig bleiben fünf bis sieben Prozent weniger Einkommen für Frauen, je nachdem welcher Statistik man glauben möchte.

Einkommensunterschied ist zwar begründet, aber trotzdem vorhanden

Politisch betrachtet ist die Kritik am unbereinigten Gender Pay Gap zwar berechtigt, inhaltlich drückt sie jedoch das gleiche aus wie die kritisierte Statistik selbst: Frauen sind auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor nicht gleichgestellt. Diese Ungerechtigkeit drückt sich in einer unterschiedlichen Bezahlung (fünf bis sieben Prozent in jedem Fall) genauso aus wie in dem Umstand, dass Frauen häufiger für die Kindererziehung zuhause bleiben oder eine schlechtere Ausbildung haben, wodurch die unterschiedliche Bezahlung begründet werden soll.

Der unbereinigte Gender Pay Gap könnte also als Folge angesehen werden, die Faktoren, die für den bereinigten herausgerechnet werden, als Ursache.

Ein Ansatz, die Ungleichheit abzumildern, ist das sogenannte Gender-Mainstreaming, das seit dem Vertrag von Amsterdam ein erklärtes Ziel der Europäischen Union ist. Auch das Bundesgleichstellungsgesetz beinhaltet diesen Grundsatz. Gender-Mainstreaming als politische Strategie bedeutet, »bei allen gesellschaftlichen und politischen Vorhaben die unterschiedlichen Auswirkungen auf die Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern grundsätzlich und systematisch zu berücksichtigen.« Gender-Mainstreaming wirkt also präventiv und nicht nur als Korrektiv.

Wünschenswert sind konkrete Vorschläge, wie das Gender-Mainstreaming umgesetzt und verwirklicht werden kann. Gesetze allein reichen nicht aus. Denn auch wenn Einkommensunterschiede teilweise begründet werden können – die Diskriminierung ist vorhanden.

Autor:innen

Schwerpunkt
Strafrecht

Neueste Artikel

Palästina in die UNO?

Die USA lehnen eine palästinensische UN-Mitgliedschaft ab und legen im UN-Sicherheitsrat ihr Veto ein. Die Resolution bekam dennoch relativ viele Ja-Stimmen. Zwölf Staaten der 15 Mitglieder des Sicherheitsrates stimmten für die Resolution. Großbritannien und die Schweiz enthielten sich.

Bands auf Welttournee

Die Welt, wenn es nach den Welttourneen von Bands geht.

Am anderen Ende der Welt

Tahiti bricht damit den Rekord für den am weitesten entfernten olympischen Medaillenwettbewerb, der außerhalb der Gastgeberstadt ausgetragen wird.