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Steuerpolitik

Deutschland bald auf den Spuren Norwegens?

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Die soziale Ungleichheit ist auch im aktuellen Wahlkampf ein Thema, das die Parteien beschäftigt. Traditionell wird in diesem Zusammenhang auch über die Steuerpolitik diskutiert. Während die marktfreundlichen Kräfte - allen voran die Unionsparteien und die FDP - die Einführung neuer Steuern ebenso ablehnen wie die Erhöhung bestehender, plädieren die wirtschaftspolitisch linken Parteien für mehr staatliche Eingriffe, um die soziale Spaltung einzudämmen. 

Eine ‘neue’ Steuer, die es allerdings bis Mitte der 1990er Jahre schon gab, ist die Vermögenssteuer. CDU/CSU, FDP und AfD lehnen deren Wiedereinführung kategorisch ab. Ihre einhellige Begründung: Eine Vermögensteuer würde mittelständische Unternehmen belasten und somit Arbeitsplätze kosten. Der sozialen Gleichheit wäre hierdurch nicht gedient.   

Wohl auch aus diesem Grund schränken SPD und Grüne den Kreis derer, die von einer Vermögensteuer betroffen wären, ein. So wollen die Grünen “Begünstigungen für Betriebsvermögen [...] im verfassungsrechtlich erlaubten und wirtschaftlich gebotenen Umfang einführen.” Neben diesen Ausnahmen soll die Steuer “für Vermögen oberhalb von zwei Millionen Euro pro Person gelten und jährlich 1 Prozent betragen.” (Ebd.) Auch die Sozialdemokraten treten für eine Steuer in dieser Höhe ein, lassen jedoch offen, ab welchem Vermögen, diese zu entrichten wäre.

Die LINKE macht hierzu klarere Angaben. Der Eingangssteuersatz liegt bei einem Vermögen von über einer Million pro Person bei 1 Prozent. Danach steigt er kontinuierlich an. Ab einem Nettovermögen von 50 Millionen Euro liegt er beim Höchstwert von 5 Prozent.

Warum wurde die Vermögensteuer überhaupt abgeschafft?

Anders als etwa die AfD in ihrem Wahlprogramm behauptet, ist die Vermögenssteuer nicht per se verfassungswidrig. Vielmehr monierte das Bundesverfassungsgericht 1995, dass die damalige Ausgestaltung der Vermögensteuer verfassungswidrig sei, weil sie nicht mit dem im Grundgesetz festgeschriebenen Gleichheitsgrundsatz vereinbar wäre. Warum? Immobilienvermögen wurde im Rahmen der damaligen Vermögensteuer gegenüber anderen Vermögensformen bevorzugt behandelt. Eine Person, deren Vermögen sich größtenteils aus Immobilien zusammensetzte, war also steuerlich gegenüber einer anderen Person im Vorteil, die ein gute gefülltes Konto ihr Eigen nannte.

SPD und Grüne äußern sich nicht explizit zum Immobilienvermögen. Die LINKE will dieses in gewissem Umfang bevorzugt behandeln. Entscheidend sei, so die Partei, ob mit Immobilienvermögen Rendite erzielt werde oder dieses lediglich für den Eigenbedarf genutzt werde.

In Europa die Ausnahme

Weit verbreitet ist die Vermögensteuer in den europäischen OECD-Staaten nicht. Erhoben wird sie lediglich in Norwegen, der Schweiz, Italien, Frankreich und Spanien. Italien und Frankreich besteuern zudem nur bestimmte Vermögensformen. In Italien ist die Steuer auf im Ausland gehaltene Finanzvermögen beschränkt, in Frankreich auf Immobilienbesitz, dessen Wert bei über 1,3 Millionen Euro liegt.

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Fußnoten

  1. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Hg.): Deutschland. Alles ist drin. Bundestagswahlprogramm 2021. Berlin 2021, S. 92.
  2. Ebd.
  3. SPD (Hg.): Aus Respekt vor deiner Zukunft. Das Zukunftsprogramm der SPD. Berlin 2021, S. 23.
  4. Blechner, Notker: Neuer Streit über ein altes Thema, auf: tagesschau.de (30.8.2021).
  5. DIE LINKE (Hg.): Zeit zu handeln! Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit. Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021. Berlin 2021, S. 86.
  6. Asen, Elken: Wealth Taxes in Europe, auf: taxfoundation.org (17.12.2020).

Autor:innen

Geboren 1986, ist seit 2020 Redakteur bei KATAPULT. Er hat Politikwissenschaft und Geschichte in Freiburg und Greifswald studiert und wurde mit einer Arbeit im Bereich Politische Ideengeschichte promoviert. Zu seinen Schwerpunkten zählen die deutsche Innenpolitik sowie Zustand und Entwicklung demokratischer Regierungssysteme.

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