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Thüringen

Die AfD bestimmt zum ersten Mal, wer Ministerpräsident wird

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Eine Kooperation mit den Rechtspopulisten hatten die Bundesvorsitzenden der bürgerlichen Parteien zuvor ausgeschlossen, nun aber wurde Kemmerich mithilfe der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt. Die AfD stimmte im entscheidenden dritten Wahlgang nicht für den eigenen Kandidaten Christoph Kindervater, sondern für den FDP-Abgeordneten. Der eigene Kandidat war offenbar eine Finte. Ob die Mandatsträger von CDU und FDP vom Plan der AfD wussten, ist umstritten.

Stimmen aus Politik, Wissenschaft und Medien beurteilen das Wahlergebnis mitunter als „Tabubruch“. Auf bundespolitischer Ebene stößt der Ausgang der Wahl teils auf starke Kritik – auch aus den Reihen der Christdemokraten. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sprach von einem „schwarze[n] Tag in Thüringen“ und verurteilte, „dass offensichtlich auch Abgeordnete der CDU Thüringen in Kauf genommen haben, dass durch ihre Stimmabgabe ein neuer Ministerpräsident auch mit den Stimmen von Nazis wie Herrn Höcke gewählt werden konnte“.

Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, kritisierte die Entscheidung der Landesverbände von CDU und FDP scharf: „Wer glaubt, dass er sich mit den Stimmen der AfD wählen lassen kann, ob geheim oder nicht, und dadurch eine demokratische Legitimation bekommt, der wird auf Dauer irren.“ Er sprach sich für zügige Neuwahlen aus. FDP-Chef Christian Lindner brachte ebenfalls Neuwahlen ins Spiel, sollten sich SPD, CDU und Grüne nicht zu einer Zusammenarbeit bereit erklären.

Innerhalb der Bundesparteien herrscht jedoch keine Einigkeit. Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) beglückwünschte Kemmerich erst auf Twitter, löschte den Tweet aber wenig später. Bundestagsvizepräsident und FDP-Vize Wolfgang Kubicki sprach von einem „großartige[n] Erfolg für Thomas Kemmerich". Ein Kandidat der demokratischen Mitte habe gesiegt.

Die Wahl ist geheim. Bei der Abstimmung im Parlament war der langjährige Ministerpräsident Thüringens Bodo Ramelow (Linke) zuvor mit dem Versuch gescheitert, die Mehrheit zu erlangen und eine Minderheitsregierung zu bilden. Dafür hätte er neben der Zustimmung von Linken, SPD und Grünen die Stimmen von mindestens vier weiteren Abgeordneten benötigt, hatte aber jeweils nur eine beziehungsweise zwei erhalten - mutmaßlich aus den Reihen der CDU oder FDP.

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Julius Gabele, geboren 1993, ist seit 2017 Redakteur bei KATAPULT und vor allem für die Berichterstattung internationaler Politik zuständig. Er hat Geographie an der Universität Augsburg und der Universitat de Barcelona studiert. Er ist zudem als freiberuflicher Fotograf tätig.

Zu seinen Schwerpunkten zählen geopolitische Konflikte und Entwicklungspolitik.

Sebastian Haupt, geboren 1988, ist seit 2017 bei KATAPULT und Chefredakteur des KNICKER, dem Katapult-Faltmagazin. Er hat Politik- und Musikwissenschaft in Halle und Berlin studiert und lehrt als Dozent für GIS-Analysen.

Zu seinen Schwerpunkten zählen Geoinformatik sowie vergleichende Politik- und Medienanalysen.

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