Die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF) schätzt, dass etwa ein Drittel der Geflüchteten psychologische Betreuung braucht. Die tatsächliche Anzahl an Betreuungsbedürftigen könnte aber viel höher sein als dieses Drittel. Eine Untersuchung der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina geht von etwa der Hälfte der Geflüchteten aus, die psychologische Betreuung brauchen. Eine weitere Studie aus Bayern kam 2015 zu folgendem Ergebnis: Zwei Drittel der untersuchten Asylsuchenden hatten eine psychologische Auffälligkeit. Am häufigsten wurde eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt. Gefolgt von Depressionen, Anpassungsstörungen oder chronischen Schlafstörungen.  Das Problem: Selbst wenn man von niedrigeren Schätzungen ausgeht, können die Betroffenen mit den derzeitigen Angeboten in Deutschland kaum versorgt werden. Das zeigt eine Auswertung der BAfF von 2019. In diesem Jahr wurden knapp 25.000 geflüchtete Menschen psychologisch betreut. Etwas weniger als 7.000 wurden an andere Stellen weitervermittelt. Damit wurden nicht einmal sechs Prozent der Hilfsbedürftigen versorgt. 2019 gab es rund 1,8 Millionen Schutzsuchende in Deutschland. Diese Zahl ist seither gestiegen und wird durch die Geflüchteten aus der Ukraine weiter erhöht. Kaum Kapazitäten Die Kapazitäten der psychosozialen Zentren liegen damit weit unter dem Bedarf. Das bedeutet für Betroffene lange Wartezeiten auf Betreuungsplätze. 2019 betrug diese fast sieben Monate. Das ist fast doppelt so lange, wie Menschen auf einen Platz in der Regelversorgung warten. Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass psychosoziale Zentren kaum in ländlichen Räumen zu finden sind. Die Kosten für die psychologische Betreuung von Kriegsgeflüchteten übernehmen die Sozialämter. Die BAfF kritisiert aber, dass viele Anträge auf psychologische Unterstützung abgelehnt werden. Sie sagen, dass nur etwa die Hälfte der Betreuungen durch die Sozialämter finanziell übernommen wird. Der Rest wird über Spenden und soziale Projekte finanziert. Um Geflüchteten mit traumatischen Erlebnissen zu helfen, sind schnelle und unbürokratische Lösungen nötig. Denn klar ist: Je länger Menschen auf psychische Betreuung warten müssen, desto schwieriger ist es für sie, sich von ihren traumatischen Erlebnissen zu erholen. Die BAfF hat bereits mehr Geld vom Bund gefordert, um auf die aktuelle Situation in Deutschland besser reagieren zu können. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abonnements. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr. KATAPULT abonnieren