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Interview

Wie arbeitet die ukrainische Botschaft in Berlin?

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KATAPULT: Wie viele Menschen arbeiten derzeit in der ukrainischen Botschaft?

Maksym Yemelianov: Rund dreißig. Dazu gibt es noch vier Generalkonsulate – in Düsseldorf, Hamburg, Frankfurt am Main und München.

Mit welchen Parteien kommunizieren Sie nicht?

Mit denen, die Russlands Interessen im Bundestag vertreten. Ich meine zuerst die AfD, aber leider muss ich anmerken, dass das manchmal auch auf die Linke zutrifft.

Und mit welchen Parteien besonders viel?

Parteiübergreifend mit Leuten aus der Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik. Wir haben regelmäßigen Austausch sowie die volle Unterstützung von allen drei Ampelparteien, aber auch von der größten Oppositionskraft CDU/CSU.

Warum sollte Deutschland Waffen an Ihr Land liefern?

Der sensibelste Punkt der europäischen Sicherheit befindet sich derzeit in der Ukraine. Deutsche Waffenlieferungen fördern deshalb die gesamte europäische Sicherheit und sie helfen dabei, viel Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung zu verhindern. „Wer, wenn nicht wir, könnte Europas Werte schützen und verteidigen, im Innern wie nach außen?“, sagte Ihr Bundeskanzler in Prag, und ich kann hier nur zustimmen. Die Ukraine verteidigt nicht nur die Ukraine, sondern die europäische Demokratie.

Und wenn Deutschland dabei bleibt, wenig zu liefern?

Dann muss Deutschland trotzdem eine führende Rolle übernehmen.

In welchem Bereich?

Deutschland ist entscheidend bei der EU-Integration der Ukraine, beim Wiederaufbau des Landes und bei den Sanktionen gegen Russland. In diesen Bereichen darf es keine Zögerlichkeit geben. Gerade auf den Wiederaufbau legen wir große Hoffnungen und warten gespannt auf die internationale Expertenkonferenz zum Wiederaufbau der Ukraine, die Herr Scholz für Ende Oktober angekündigt hat.

Ist es derzeit schwer, in Deutschland als ukrainischer Diplomat zu arbeiten, weil Deutschland so zaghaft handelt?

Ich habe vorher als Diplomat in Großbritannien gearbeitet. Das war einfacher. In Deutschland ist es schwerer, aber dadurch auch interessanter.

Gibt es deutsche Politiker:innen, die ihre Meinung geändert haben?

Nicht nur das. Einige kamen in den ersten Tagen der Invasion zu uns in die Botschaft und haben geweint.

Warum?

Weil sie sich verschätzt hatten. Sie hatten uns im Januar und Februar immer wieder versichert, dass Putin nicht angreifen werde, dass er nur seine Verhandlungsposition verbessern, dass er nur seine Waffen zeigen wolle. Davon waren fast alle überzeugt und das haben sie uns immer wieder gesagt. Wir haben das anders gesehen. Für uns war die Gefahr schon immer viel realer, auch deshalb, weil wir uns bereits seit 2014 mit Russland im Krieg befinden. Das wussten in Deutschland die wenigsten. Als die groß angelegte Invasion dann doch stattfand, ist offensichtlich geworden, wie falsch das deutsche Bild von Putin war. Er wurde militärisch und moralisch überschätzt und die Ukraine wurde vom Westen unterschätzt. Dieses falsche Bild wurde seit Februar etwas geradegerückt.

Der Krieg wird bereits mehrere Monate geführt. Gibt es Ermüdungserscheinungen?

Ja, besonders medial. Die Leute in Deutschland sind müde von den Kriegsnachrichten. Das ist verständlich. Ich verstehe die deutschen Sorgen um Preissteigerungen und eventuelle Produktionsausfälle. Und trotzdem ist es wichtig, weiterhin zu berichten. Es geht immerhin um den brutalen, rechtswidrigen Versuch, der Auslöschung der Ukraine – des größten Landes Europas und eines demokratischen Staates. Es ist ein Versuch des Völkermords, der den dunkelsten Praktiken der Stalinzeit nachfolgt.

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Authors

ist einsprachig in Wusterhusen bei Lubmin in der Nähe von Spandowerhagen aufgewachsen, studierte Politikwissenschaft und gründete während seines Studiums das KATAPULT-Magazin.

Aktuell pausiert er erfolgreich eine Promotion im Bereich der Politischen Theorie zum Thema »Die Theorie der radikalen Demokratie und die Potentiale ihrer Instrumentalisierung durch Rechtspopulisten«.

Veröffentlichungen:

Die Redaktion (Roman)

Patricia Haensel
hat Deutsch-Lateinamerikanische BWL in Münster und Mexiko City studiert.
Seit April 2020 ist sie Projektleiterin bei KATAPULT.

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