Deutschland ist von Corona gerade hart getroffen: Die Infektionszahlen steigen, die Intensivstationen sind voll und das Krankenhauspersonal ist überarbeitet. Besserung ist nicht in Sicht. Dabei hat Deutschland, wie die meisten westlichen und reichen Länder der Welt, einen entscheidenden Vorteil. In der Bundesrepublik steht genügend Impfstoff zur Verfügung, um die gesamte Bevölkerung gegen Corona zu impfen. Alleine werden die wohlhabenden Industriestaaten die Pandemie jedoch nicht in den Griff bekommen. Die neue Virusvariante Omnikron rückt deren Ende erneut in weite Ferne. Ein Grund für die Mutationen des Coronavirus sind niedrige Impfquoten. Diese lassen neue Virusvarianten leichter entstehen und sind nicht in der Lage deren Verbreitung einzudämmen. Und die niedrigen Impfquoten werden vor allem durch die unzureichende Versorgung mit Impfstoffen bedingt.  Dabei ginge es auch anders: Die Weltgesundheitsbehörde WHO hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis Ende des Jahres 40 Prozent und bis Mitte 2022 bereits 70 Prozent der Menschen geimpft sein sollen. Die Impfung von 70 Prozent der Weltbevölkerung erfordert, so die WHO, elf Milliarden Impfdosen. Bis Ende September 2021 wurden sechs Milliarden Dosen bereits verabreicht und aktuell 1,5 Milliarden Dosen monatlich produziert. Theoretisch könnten also beide Ziele erreicht werden. Voraussetzung dafür ist jedoch eine gerechte Verteilung der Dosen. Von der ist die Weltgemeinschaft aber weit entfernt. Während reichere Länder 87 Prozent der Impfdosen erhielten, entfielen auf die wirtschaftlich schwachen Staaten nur 0,2. Ärmere Länder hinken bei der Impfung dementsprechend extrem hinterher. Mittlerweile ist das 40 Prozent-Ziel der WHO kaum noch zu erreichen. Vor allem die afrikanischen Staaten sind davon noch weit entfernt. In Simbabwe hat nur jede vierte Person eine Erstimpfung erhalten, in Lesotho und Eswatini nicht einmal jede Dritte. Und in Namibia ist nur rund jede zehnte Person einmal geimpft. Reiche Länder kauften zu viele Dosen und geben Patente nicht frei Das Kernproblem der fortschreitenden Pandemie ist, dass Herstellung, Forschung und Entwicklung von Impfstoffen auf eine kleine Gruppe wohlhabender Länder verteilt sind. Im April sah das in Zahlen so aus: Während eine von vier Personen aus reicheren Staaten geimpft ist, ist es eine Person aus 500 in ärmeren Ländern der Welt. Diese Lücke sollte das weltweite Impfprogramm COVAX zu schließen helfen. Das Ziel von COVAX war es, allen alle Länder weltweit, unabhängig von ihrem Vermögen, mit Impfstoff zu versorgen. Erfolgreich war das Programm bisher nicht. Unter anderen die USA, Japan, die EU und Kanada versprachen zwar Dosen zu liefern, sind ihren Versprechen bis heute aber nur unzureichend nachgekommen. Von 60 Millionen Dosen lieferte Japan 31. Von 50 Millionen Dosen kamen aus der EU, Island und Norwegen bisher gerade einmal zehn. Die Pharmakonzerne Pfizer und AstraZeneca gaben 40 beziehungsweise 14 Millionen Dosen ab. Und Johnson & Johnson und Moderna? Null. Rund zwei Jahre nach Beginn der Pandemies zeigt sich: Viele Länder sind nicht ernsthaft solidarisch. Sie trafen nationale Absprachen mit Pharmakonzernen und sicheren sich Impfstoffe, die weit über ihrem Bedarf lagen.  Ein weiteres Hindernis bei der Pandemiebekämpfung ist die Weigerung, Impfpatente freizugeben. Eine Freigabe würde es allen Staaten ermöglichen, die Impfstoffe selbst herzustellen. Die Macht der Pharmakonzerne bleibt bis jetzt aber unangetastet. Wer sich immer noch dagegen stellt? El Salvador, Singapur - und die EU. Mitte September unterschrieben 140 ehemalige Staats- und Regierungschefs sowie Nobelpreisträger:innen eine Forderung. Sie ging an den nächsten deutschen Bundeskanzler mit der dringenden Aufforderung, endlich die Impfstoffpatente freizugeben. Andere Länder, etwa Australien und Brasilien, haben diese Weigerung bereits aufgegeben. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abonnements. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr. KATAPULT abonnieren