Mit gerade einmal rund 100.000 Stimmen Vorsprung entschied Donald Trump 2016 die US-Präsidentschaftswahl in Florida für sich. In Wisconsin waren es nur knapp 23.000. Kleine Wählergruppen können also viel bewirken. In knapp drei Wochen stimmt die US-Bürgerschaft darüber ab, ob Trump für eine zweite Amtszeit ins Weiße Haus einziehen darf. Auch in diesem Jahr gehören Florida und Wisconsin zu den umkämpften Staaten, den sogenannten “swing states”. Die Bürgerinnen und Bürger dieser Staaten wählen weder traditionell die Demokraten noch die Republikaner. Vielmehr können die Mehrheiten von Wahl zu Wahl wechseln. Deswegen sind die Stimmen dort besonders entscheidend. Tatsächlich wählen gehen dürfen allerdings nicht alle Bürgerinnen und Bürger. Laut einer aktuellen Studie sind in den gesamten USA über fünf Millionen Menschen im wahlfähigen Alter von der Stimmabgabe ausgeschlossen. Der Grund: Sie wurden strafrechtlich belangt und verurteilt. Im Falle Floridas spielt es keine Rolle, ob die Strafe auf Bewährung ausgesetzt wurde, ob die betroffenen Personen vorzeitig aus der Haft entlassen wurden, ob sie immer noch im Gefängnis sitzen oder ob sie ihre Strafe bereits vollständig verbüßt haben. Letztere Gruppe ist mit knapp 900.000 Menschen die zahlenmäßig größte. In Wisconsin ist die Regelung zum Wahlrechtsentzug etwas weniger strikt. Hier dürfen zumindest diejenigen wieder wählen, die ihre Strafe verbüßt haben, also weder auf Bewährung sind noch vorzeitig aus der Haft entlassen wurden. Download Graphic
Besonders brisant ist die ethnische Zusammensetzung der Nicht-Wahlberechtigten. So darf in Florida mehr als jeder siebte Afroamerikaner seine Stimme nicht abgeben. Bundesweit sind 6,2 Prozent der afroamerikanischen Bevölkerung im wahlfähigen Alter in Folge von strafrechtlichen Vergehen von der Wahl ausgeschlossen. Im nicht afroamerikanischen Teil der Bürgerschaft sind es nur 1,7 Prozent. Die afroamerikanische Bevölkerung steht traditionell der Demokratischen Partei nahe. Ihr Ausschluss nutzt also vor allem den Republikanern um US-Präsident Trump. Reformen ohne Effekt Bereits seit Jahren wollen Bürgerrechtsgruppen die Regelungen zum Wahlentzug reformieren. Am meisten Aufsehen hat Florida auf sich gezogen. Bereits 2018 war dort in einer Volksabstimmung entschieden worden, die Verfassung des Bundesstaates zu ändern, um strafrechtlich Verurteilten das Wahlrecht zurückzugeben - nach vollständiger Verbüßung ihrer Strafe. Bislang jedoch verpufft der Effekt dieser Entscheidung. Da Florida keine zentrale Datenbank über ausstehende Geldstrafen für strafrechtlich Verurteilte führt, wissen diese in vielen Fällen überhaupt nicht, was sie dem Bundesstaat schulden. Sind die nicht bekannten Strafzahlungen aber nicht entrichtet, gilt die Strafe als nicht verbüßt. Die Folge: Ein Großteil der Betroffenen bleibt am Wahltag zu Hause. Insgesamt, so die Autoren der Studie, habe sich die Zahl der Straffälligen, denen das Wahlrecht entzogen wurde, seit einigen Jahren jedoch verringert. Im Vergleich zu 2016 ist sie um 15 Prozent zurückgegangen. Bundesweit sind gegenwärtig noch rund fünf Millionen Bürgerinnen und Bürger in Folge von Strafvergehen von der Wahl ausgeschlossen. Zurückzuführen seien die rückläufigen zahlen vor allem auf eine veränderte Rechtslage. So wurden beispielsweise in den Bundesstaaten New York, Nevada, Colorado, New Jersey und Louisiana einzelnen Gruppen der straffällig Gewordenen das Wahlrecht wieder zugesprochen. Von strafrechtlichen Vergehen nicht betroffen ist das Wahlrecht lediglich in Maine, Vermont und dem District of Columbia. Aktuelle Ausgabe Dieser Text erschien in der 19. Ausgabe von KATAPULT. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr. KATAPULT abonnieren