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Fussball-WM

Teurer Stadionbau in Katar

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Während man sich beim Bau der Stadien wenig um die Gesundheitsrisiken von Arbeiter:innen aufgrund der extremen Hitze scherte, wollte man bei Spielern, Trainern, Funktionär:innen und Fifa-Offiziellen auf Nummer sicher gehen. Weil es im katarischen Sommer schon mal 50 Grad werden können, wurden die Spiele nachträglich in den November und Dezember gelegt. Normalerweise sollten die Temperaturen da nicht über 30 Grad klettern, dennoch beschloss man, sicherheitshalber alle Stadien mit Klimaanlagen auszustatten. Bis zuletzt war unklar, ob die Anlagen zur Gewinnung von Solar- und Windenergie für die Produktion der kalten Luft rechtzeitig einsatzbereit wären. Beim Stadion 974, das gerne als Nachhaltigkeitsvorreiter gepriesen wird, will man dank einer innovativen Belüftung gänzlich auf künstliche Kühlung verzichten. Es wurde mithilfe von 974 Schiffscontainern im Baukastenprinzip errichtet und soll nach der WM wieder vollständig abgebaut werden. 974 ist übrigens die Ländervorwahl von Katar.

Auch besticht die WM in Katar durch kurze Distanzen. Die acht Stadien – ursprünglich waren sogar zwölf geplant –, die nicht mehr als 55 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt sind, machen Flüge für Teams und Fans, wie sie bei den Turnieren in Russland, der europaweiten EM 2021 oder der nächsten WM in Kanada, Mexiko und den USA nötig waren oder sein werden, überflüssig. Ziemlich cool. Da heimische Fans jedoch selten sind und die Übernachtungsmöglichkeiten an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, will man während des Turniers mit Hunderten täglichen Shuttleflügen aus der Region Tagesurlauber nach Doha bringen. Äußerst uncool fürs Klima.

Es stellt sich zudem die Frage, wer die sieben bleibenden Stadien später einmal nutzen soll, wo vorher gerade einmal eines dieser Größenordnung benötigt wurde. An dem Punkt setzt auch eine kritische Studie von Carbon Market Watch an, die die geschätzten CO2-Emissionen des Turniers mindestens achtmal höher beziffert als der Veranstalter. Grund dafür ist unter anderem, dass Katar für die Berechnung des CO2-Ausstoßes eine sehr hohe Lebensdauer der Arenen zugrunde legt, es aber keineswegs klar ist, wie die vielen Stadien dauerhaft Besucher:innen anziehen sollen.

Während dem Einwegstadion 974 knappe 438.000 Tonnen CO2-Äquivalent zugeschrieben wurden, summierten sich nach katarischer Rechnung die Emissionen der anderen sechs Stadionneubauten auf insgesamt gerade einmal 206.000 Tonnen. Das Etikett »klimaneutral«, das sich Katar selbst verliehen hat, ist auch wegen der Kompensationsmechanismen zu hinterfragen. Zum einen sind viele der Projekte zu erneuerbaren Energien, die durch teure Lizenzen finanziert werden, mittlerweile ohnehin schon so rentabel, dass sie auch ohne katarische Zertifikate gebaut werden würden – sie sparen also kein zusätzliches CO2 ein. Zum anderen wird die Wirksamkeit des Aufforstens, wie Katar es mit 16.000 Bäumen und Hunderttausenden Sträuchern versucht, seit Langem prinzipiell in Frage gestellt – weil das Kohlendioxid dort lediglich mittelfristig gespeichert wird.

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Authors

Ehemaliger Praktikant bei KATAPULT.

Schwerpunkte
Kritische Geopolitik
Grenzstreitigkeiten
Terrorismus
Sicherheitsforschung

Patricia Haensel
hat Deutsch-Lateinamerikanische BWL in Münster und Mexiko City studiert.
Seit April 2020 ist sie Projektleiterin bei KATAPULT.

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