Das Oberste Gericht der USA, der Supreme Court, befasst sich gerade mit einem Gesetz aus dem Bundesstaat Mississippi, das Schwangerschaftsabbrüche nach der 15. Woche verbietet – auch für Personen, die etwa durch Vergewaltigung oder Inzest schwanger wurden. Sollte der Supreme Court das Gesetz nicht beanstanden, könnten bis zu 21 US-Bundesländer ihre eigenen Gesetze deutlich verschärfen. Millionen Menschen könnten den Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch verlieren. Die Regelungen für Schwangerschaftsabbrüche wären damit so streng wie seit den 70ern nicht mehr. Damals hatte eine US-Bürgerin gegen ein texanisches Gesetz geklagt, dass Schwangerschaftsabbrüche weitgehend untersagte. Die Klägerin argumentierte, dass dies das verfassungsmäßige Recht auf Privatsphäre beeinträchtige - und bekam Recht. Der Fall ging als Roe vs. Wade in die US-amerikanische Rechtsgeschichte ein. Entschieden wurde, dass Abbrüche bis zur Lebensfähigkeit des Kindes prinzipiell erlaubt seien. Die ist etwa in der 24. Schwangerschaftswoche erreicht. Jenseits dieser grundsätzlichen Erlaubnis unterscheiden sich die Gesetze bereits jetzt von Bundesstaat zu Bundesstaat. Die restriktivsten gibt es derzeit in Mississippi, Louisiana, Arkansas, Missouri, South Dakota und Ohio. Hier wird das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche teils erheblich eingeschränkt. Dies geschieht etwa durch eine Reduktion von Kliniken, die Abbrüche anbieten. In Mississippi gibt es beispielsweise nur noch eine einzige Klinik, in der Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden können. In dem Bundesstaat leben fast drei Millionen Menschen. Etwa 600.000 davon sind Menschen im gebärfähigen Alter. Die Menschen teilen sich also eine einzige Klinik.  Auch Gefängnisstrafen für Ärzt:innen, die Abbrüche durchführen oder die Verschärfung der Gründe, die es Menschen erlauben, abzubrechen, machen Menschen, die Schwangerschaften abbrechen möchten, das Leben in einigen Bundesstaaten schwerer. Prinzipiell verbieten durften Bundesstaaten Abbrüche gemäß des Roe vs. Wade-Urteils aber nicht - bis jetzt. Mississippi fordert jetzt die Aufhebung von Roe vs. Wade und damit auch die Aufhebung des verfassungsmäßigen Rechts auf Schwangerschaftsabbruch. Die entgültige Entscheidung fällt der Oberste Gerichtshof voraussichtlich im Juni 2022. Drei Abbruchsgegner sitzen im Supreme Court Menschen, die gegen Schwangerschaftsabbrüche protestieren, gibt es schon so lange die Schwangerschaftsabbrüche selbst. Die häufigste Begründung: Schutz des ungeborenen Lebens. Abbruchsgegner:innen sind sehr häufig weiß - und streng gläubig. Sollte der Supreme Court Rode vs. Wade kippen, wäre es der bislang größte Sieg der Bewegung in den USA. Prominente Unterstützung hatten sie freilich auch vorher schon. Etwa Ex-Vizepräsident Mike Pence. Der ist evangelikaler Konservativer und ein Abbruchsgegner.  Durch die teilweise Neubesetzung des Supreme Court unter Donald Trump sitzen ausgewiesene Abbruchsgegner:innen nun auch am Obersten Gerichtshof.  Zusammen mit den sonstigen konservativen Richter:innen bilden sie dort die Mehrheit. Die Stimmung im Land ist jedoch eine andere. Etwa 60 Prozent der US-Amerikaner:innen befürworten das Recht auf Schwangerschaftsabbruch. Für die Entscheidung des Gerichts ist das aber natürlich nicht ausschlaggebend.  Es bleibt daher zu befürchten, dass sich die Situation für schwangere Frauen in Zukunft verschlechtern wird. Schon jetzt leben etwa 40 Millionen Frauen im reproduktiven Alter in US-Bundesstaaten, die das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch einschränken. Das sind fast 60 Prozent der weiblichen Bevölkerung. Fällt Roe vs. Wade werden viele Millionen hinzukommen. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abonnements. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr. KATAPULT abonnieren