Konversionstherapien
Nur Deutschland und Malta verbieten “Homosexuellen-Heilung”. Bald auch Österreich!
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In mindestens 68 Ländern weltweit werden Homosexuelle therapiert, weil sie sich zu Menschen des eigenen Geschlechts hingezogen fühlen. Die Heilpraktiken und Therapien heißen etwa “Reorientierungstherapie”, “Heilungstherapie” oder “Ex-Gay-Therapy”. Sie alle verfolgen das gleiche Ziel: Aus “kranken” Homosexuellen sollen “gesunde” Hetreosexuelle gemacht werden.
Der Sammelbegriff “Konversionstherapie” wird allgemein für diese Behandlungen verwendet - und diese sind äußerst problematisch. Erstens kann von einer Therapie nicht die Rede sein, da Homosexualität keine Störung oder Krankheit ist. Zweitens kommen Behandlungen zur Anwendung, die nichts mit klassischen Therapieformen zu tun haben. In jüngsten Studien wird der Begriff “Sexual Orientation Change Efforts” (SOCE) verwendet, um alle Bemühungen zu beschreiben, Menschen in ihrer sexuellen Orientierung zu beeinflussen.
Medikamente und Vergewaltigungen als Therapiemittel
Es gibt weder wissenschaftliche noch medizinische Beweise, die diese Anwendungen rechtfertigen. In einem Bericht von OutRight Action International berichten 489 LGBT+-Personen aus 80 Ländern der Welt, wie sie Konversionstherapien erlebt haben. Viele Betroffenen geben an, dass sie aus religiösen oder kulturellen Gründen zur Therapie gezwungen wurden. In einigen Bevölkerungsgruppen nehmen Homosexuelle beispielsweise an den Behandlungen Teil, um die Familienehre zu schützen.
Die Formen der Therapien sind unterschiedlich. Viele Betroffene berichten von Gesprächstherapien oder Bet- und religiösen Ritualen. Manche hätten körperliche Übergriffe erlebt, etwa Vergewaltigungen oder Elektroschocks. Auch Medikamente, die gegen Homosexualität wirken sollen, wurden in einigen Therapien verabreicht.
Konversionstherapien kosten bis zu 26.000 Dollar
Über die Methoden von Konversionstherapien ist wenig bekannt. Die meisten Therapien sind einerseits Mischformen aus mehreren Praktiken, andererseits finden sie meist im privaten Umfeld statt, sodass die Öffentlichkeit wenig über sie erfährt. Um zu zeigen, welche Formen von Therapien es wo gibt, haben die Forscher:innen des International Rehabilitation Council for Torture Victims über Jahre Anbieter:innen von Konversionstherapien und ihre Behandlungsmethoden gesammelt, die sie über das Internet oder über Eigenwerbung der Praktiker:innen gefunden hatten.
Angeboten werden diese Konversionstherapien zum einen von zugelassenen Ärzt:innen und Psycholog:innen, zum anderen aber auch von vermeintlichen Expert:innen, bei welchen die Ausbildung unklar ist. Meist sind sie selbsternannte medizinische Expert:innen oder religiös oder spirituell Praktizierende. Konversionstherapien scheinen sich auch finanziell zu lohnen: Eine Sitzung kostet laut einem Bericht der Vereinten Nationen in den USA bis zu 26.000 Dollar.
Darin steht auch, dass vier von fünf Homosexuellen, die an einer Konversionstherapie teilnehmen, jünger als 24 Jahre sind. Was die Therapien kaum bis nie erreichen: eine sexuelle Neuorientierung. Was sie jedoch hinterlassen, sind psychische Traumata. Viele Betroffene entwickeln ein extrem schlechtes Selbstbewusstsein und Komplexe im Umgang mit ihrer Sexualität. Sie schämen sich oder fühlen sich schuldig. Viele erleiden Depressionen und nicht wenige unternehmen einen Selbstmordversuch unternommen.
Gesetze wirken gegen Diskriminierung
Obwohl Konversionstherapien immer wieder als diskriminierend, menschenverachtend und stigmatisierend bezeichnet werden und als weltweites Problem gelten, gibt es erstaunlich wenige Verbote. Gesetze können anti-diskriminierend wirken. Die Vereinten Nationen und andere Menschenrechtsorganisationen fordern deren Verabschiedung daher immer wieder ein. Auch das europäische Parlament hat europäische Länder wiederholt aufgefordert, mehr und bessere Gesetze zum Schutz von LGBT+-Personen zu schaffen und speziell auch das Verbot von Konversionstherapien gefordert. Wie genau diese Verbote aussehen sollen, darauf gibt das Europäische Parlament allerdings keine Hinweise.
In Deutschland nehmen schätzungsweise 1.000 Menschen pro Jahr an einer Konversionstherapie teil. Eine Umfrage im Auftrag des Gesundheitsministeriums in den Niederlanden unter 239 LGBT+-Personen ergab, dass etwa 30 Prozent von ihnen eine Konversionsbehandlung erlebt haben. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dass ihre Therapie länger als ein Jahr dauerte. Das Ministerium hat bei seiner Recherche insgesamt 15 Organisationen und Einzelpersonen registriert, die in den Niederlanden solche Therapien anbieten. Die Behandlungen fanden beispielsweise im Rahmen von Ferienlagern statt. Auch in Großbritannien wurde eine Umfrage mit 108.000 LGBT+-Personen durchgeführt. Zwei Prozent gaben an, eine Konversionstherapie durchlaufen zu haben, fünf Prozent berichteten, dass ihnen eine solche angeboten wurde.
In Deutschland gibt es seit Juni 2020 ein Verbot, bald auch in Österreich?
Seit Mitte 2020 sind Konversionstherapien in Deutschland gesetzlich verboten. Das Gesetz sieht vor, dass Konversionsbehandlungen für alle Minderjährige und für Volljährige, die nicht über die Folgen aufgeklärt oder zur Teilnahme gezwungen wurden, verboten ist. Auch das Bewerben solcher Therapien ist gesetzlich untersagt. Wer dagegen verstößt, wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft.
Nur in fünf Ländern weltweit ist Konversionstherapie gesetzlich verboten: Deutschland, Malta, Brasilien, Ecuador und Taiwan. Jetzt soll auch Österreich folgen. Im Juni 2021 stimmten alle Parteien im Parlament für ein Gesetz, das Konventionstherapien für Minderjährige verbieten soll. In einigen Ländern gibt es regionale Verbote beispielsweise in Kanada, Spanien und in einigen US-Bundesstaaten. Unterschiede gibt es auch bei der Ausgestaltung der Gesetze. Nationale Gesetze, die tatsächlich jegliche Art von Konversionstherapie für alle Altersgruppen und unterschiedlichen sexuellen Orientierungen unter Strafe stellen, gibt es nicht. Einige Staaten verbieten etwa Therapien für Kinder und Jugendliche. Und Brasilien verbot zunächst lediglich Therapien für homosexuelle Menschen, erst 2018 galt das Gesetz auch für andere Menschen mit unterschiedlichen Gender-Identitäten, etwa Transsexuelle.
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KATAPULT-Redaktion