Deutschland testet zehnmal so viele Menschen auf Corona wie zu Beginn der Pandemie im März. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt allen Ländern, mehr zu testen. Das ist logisch, denn wer wissen will, wie sich das Virus verbreitet, muss testen. Gleichzeitig regt sich Kritik an der Teststrategie Deutschlands. Der Vorwurf: Es werde zuviel getestet und dann auch noch die falschen Personen. Stimmt das? Teilweise ja, sagt Gesundheitsminister Jens Spahn. Aber: Durch die vielen Testungen würden vor allem Fälle von milden Krankheitsverläufen gefunden, die sonst unentdeckt blieben. Über 20 Millionen Tests sind in Deutschland seit Beginn der Corona-Pandemie durchgeführt worden. Fast eine halbe Million von ihnen fielen positiv aus. Seit Mitte August wird in Deutschland pro Woche über eine Million Mal getestet. Mehr Infizierte gibt es nicht wegen hoher Testzahlen Das Robert-Koch-Institut weist darauf hin, dass die steigenden Infizierten-Zahlen nur teilweise auf das erhöhte Testaufkommen zurückzuführen sind. Die Infektionszahlen stiegen in erster Linie an, weil das Infektionsgeschehen wieder zunehme. Da Hygiene- und Abstandsregeln nicht flächendeckend eingehalten würden, breite sich das Virus schneller aus. In Zahlen: Während sich beispielsweise von Anfang Juni bis Ende Juli die Infektionszahlen mehr als verdoppelten (104 Prozent), wurde nur 75 Prozent mehr getestet. Infektions- und Testzahlen entwickelten sich also unabhängig voneinander. Wie und wer genau getestet werden soll, ist trotzdem weiterhin umstritten. Kritiker bemängeln beispielsweise, dass 80 Prozent der Fälle “falsch positiv” seien, eine gesunde Person also fälschlicherweise als infiziert eingestuft würde. Unsere Kollegen von Correctiv haben dazu recherchiert und herausgefunden, dass Testergebnisse mit einer Wahrscheinlichkeit von über 90 Prozent richtig ausgewertet werden. Was zu fehlerhaften Ergebnissen führen kann, sind falsch gemachte Abstriche beim Testen selbst. Ist ein Test richtig gemacht, wird er mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit ein richtiges Ergebnis liefern. Keine Massentests Ministerpräsident Markus Söder ist ein großer Verfechter möglichst vieler Tests. Er forderte auch kostenlose Tests für jene, die keine Symptome aufweisen. In Bayern können sich seit 1. Juli alle Bürgerinnen und Bürger des Bundeslandes auch ohne Symptome testen lassen. Gesundheitsminister Spahn hält davon wenig und auch das Robert-Koch-Institut ist skeptisch. Letzteres empfiehlt gezielt zu testen, und zwar folgende Personengruppen: Menschen mit Covid-19-spezifischen Symptomen Menschen, die mit einem Corona-Infizierten im engen Kontakt waren, sogenannte K1-Personen Einreisende aus Risikogebieten medizinisches und Pflegepersonal Personen, die ins Krankenhaus eingeliefert werden Bewohnerinnen und Betreuerinnen von Pflegeeinrichtungen Diesen Richtlinien entspricht die bundesweite Teststrategie weitgehend. Lediglich Einreisende aus Risikogebieten können sich nicht mehr kostenlos testen lassen. Diese Möglichkeit gab es nur zwischen Mitte August und Ende September. Einzelne Bundesländer haben ihr Gratis-Testangebot teilweise ausgeweitet. In Hessen können sich auch Betreuerinnen von Kitas gratis testen lassen Berlin testet ebenfalls alle Kita-Betreuerinnen und auch alle Lehrerinnen. Stichproben in Kitas und Schulen werden in Brandenburg und Schleswig-Holstein gemacht. Bis zu drei kostenfreie Tests stehen Beschäftigen von Schulen und Kitas derzeit in Nordrhein-Westfalen zu. Im Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen werden ebenfalls Lehrerinnen, Kita-Betreuerinnen und Pflegekräfte unentgeltlich getestet. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abonnements. Abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr. KATAPULT abonnieren