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Soziale Medien

Gesperrte Twitter-Profile sind häufig rechts

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Studie: „The Role of Suspended Accounts in Political Discussion on Social Media: Analysis of the 2017 French,
UK and German Elections“ von Silvia Majó-Vázquez, Mariluz Congosto, Tom Nicholls und Rasmus Kleis Nielsen. (Juli 2021)

Wie »verhalten« sich Twitter-Profile, die später von der Plattform verbannt werden? Das haben Forscher:innen untersucht, indem sie die politischen Debatten in Großbritannien, Frankreich und Deutschland im Wahljahr 2017 anhand von über 76 Millionen Tweets auswerteten. Das Ergebnis: Über fünf Prozent der Konten, die im Wahlkampf aktiv waren, hatte Twitter ein Jahr später wegen Verstößen gegen die Plattformrichtlinien gesperrt. Diese fünf Prozent zeichneten sich unter anderem dadurch aus, dass die Accounts neu waren und wenige Follower:innen hatten. Gesperrte Konten sind dabei allerdings keinesfalls mit automatisiert betriebenen Konten, also Bots, gleichzusetzen. Der Anteil an Bots an den untersuchten gesperrten Accounts betrug nur 0,67 Prozent.

Auch das Verhalten der gesperrten Profile war besonders: Sie teilten vor allem Links von rechten Medien und waren Politiker:innen der Mitte tendenziell feindlich gesinnt. In Deutschland sprachen sie doppelt so häufig über die Türkei oder deren Präsidenten Erdoğan wie nichtgesperrte Konten. Außerdem nutzten sie häufiger #wahlbeobachter – etwa 17-mal so oft wie jene Nutzer:innen, die Twitter nicht ausschloss. Dieses Schlagwort gebrauchten vor allem solche aus dem rechten Spektrum, um zur Beobachtung der angeblich manipulierten Bundestagswahl aufzurufen.

Die Forscher:innen schlussfolgern: Viele der später gesperrten Konten haben definitiv dazu beigetragen, den Wahlkampf zu polarisieren. Immerhin haben sie mehr als drei Millionen Tweets zur Wahl veröffentlicht, das sind 4,2 Prozent der gesamten Tweets rund um die Wahlen. Problematisch dabei ist, dass später gesperrte Konten zuvor bereits eine große Reichweite mittels Retweets aufgebaut hatten. Die gesperrten Profile teilten besonders oft Inhalte der AfD, der FDP, der Zeitung Die Welt und einer ungenannten Person mit vielen Followern, die aktiv rechte Ideologien verbreitet. Auch interessant: Sie teilen viel eher rechte Inhalte als Fake News.

In Frankreich und Großbritannien sieht es ähnlich aus. Konten, die gegen die Richtlinien verstoßen hatten und gesperrt wurden, zeigten auch dort auffällig oft rechtes Verhalten. Die Studie erkennt aber auch ein paar Unterschiede zwischen den drei Ländern. So war die Anzahl der später gesperrten Konten in Großbritannien am höchsten. Die deutschen und französischen Konten waren dafür jedoch aktiver, sie schrieben etwa dreimal so viele Tweets pro Person. Außerdem verbreiteten Letztere am häufigsten Links zu Spam-Websites wie benzinpreis-aktuell.de. Überraschend sei auch, dass französische politische Debatten sehr häufig mit englischsprachigen Links untermauert wurden – die deutschen Debatten wurden auf Deutsch geführt.

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Patricia Haensel
hat Deutsch-Lateinamerikanische BWL in Münster und Mexiko City studiert.
Seit April 2020 ist sie Projektleiterin bei KATAPULT.

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