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Eierbuch

Zeit-Autoren kopieren gesamtes KATAPULT-Buch

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Lässi-lässig und poppig! – so sollen diese Texte hier sein. Hab ich das geschafft? Am Anfang schon, doch mittlerweile habe ich mich verwandelt. Bin aggressiver geworden. Überlege deshalb, diese Rubrik nicht mehr »Editorial«, sondern »Fredrich rastet aus« zu nennen. Grund: Die Idiotenquote in der Verlagswelt ist dermaßen hoch, dass ich ständig darüber berichten muss. Neuer Höhepunkt: Ein Verlag aus Hamburg hat Autoren des renommierten Zeitverlags beauftragt, unsere Karten samt Layout zu kopieren und daraus ein Buch zu machen, dessen Cover sogar haargenau so aufgebaut ist wie das von unserem Buch. Hart, oder?

Damit kann man Millionen Scheine verdienen und jetzt kommt’s: Die Knüller von der renommierten »Zeit« haben den Auftrag wirklich angenommen. Die KATAPULT-Kopie liegt jetzt im Buchhandel direkt neben unserem originalen KATAPULT-Buch – sehr schmerzhaft. Ich meine das wirklich ernst, Leute, ich habe keine Lust auf diese zerstörerischen Artikel und ich versuche neuerdings auch, bessere Schimpfwörter zu benutzen, aber wir haben uns hier mühselig einen kleinen Verlag in Greifswald aufgebaut, der regelmäßig von den ganz Großen kopiert wird. Dabei ist eines für mich ganz klar: Egal wie mächtig sich diese Konzerne fühlen, wer uns in diesem Maße kopiert, bekommt lückenlos auf die Fresse – immer. Dafür stehe ich mit meinem Namen.

Von vorne: Unser erstes Buch heißt »100 Karten, die deine Sicht auf die Welt verändern«. Wir haben es zusammen mit dem Hamburger Verlag Hoffmann und Campe (Hoca) im Frühjahr 2019 veröffentlicht. Das Buch ist ein Bestseller geworden. 70.000-mal verkauft und über 1,5 Millionen Euro umgesetzt. Die aktuellen Verkäufe sind noch immer hoch, weil das Ding stark und zeitlos ist. Das Geld teilen sich die Buchhändler (40-50 Prozent), der Verlag Hoca (40-50 Prozent) und KATAPULT als Autor (10-15 Prozent). Der Buchverlag bekommt mehr als der Autor, weil er auch Druck, Vertrieb, Marketing und vor allem das Risiko übernimmt – das ist normal. Unsere Prozente sind etwas höher als gewöhnlich. Das liegt daran, dass wir nicht nur Autoren sind, sondern auch das Cover, den Titel, den Satz, das Layout und das Korrektorat übernommen haben.

J.K. Rowling bekommt mehr Prozente als KATAPULT

Nach einigen Wochen kontaktiert mich Hoca. Sie sind begeistert. So einen Erfolg hatte Hoca schon lange nicht mehr. Jetzt wollen sie, dass wir gleich noch ein zweites KATAPULT-Buch produzieren. Wir stimmen zu, warum nicht? Aber wir verlangen einen höheren Anteil. 20 Prozent müssen für einen Bestseller doch wohl drin sein. Hoca antwortet mir: »20 Prozent, nun, wissen Sie, Herr Fredrich, wer das bekommen hat? J.K. Rowling für Harry Potter, die hat wirklich 20 Prozent bekommen, aber das ist auch Potter!« Okay, denke ich, Potter haben wir noch nicht geknackt, dann gehe ich etwas runter, auf 18 Prozent. Ein anderer Hoca-Lektor antwortet mir: »Herr Fredrich, wissen Sie, wer genau diese 18 Prozent bekommen hat? Das war J.K. Rowling für Harry Potter, also genau 18 Prozent, das können Sie echt nicht verlangen.« Okay, verstehe. Die veräppeln mich und sind zu doof, sich untereinander abzusprechen. Die Verhandlungen stehen erst mal still.

Im Mai 2019 frage ich Hoca, wann wir unser Geld für das bereits veröffentlichte Buch bekommen. Der Verlag antwortet: Ende Juni kommt die erste Auszahlung. Ich frage zur Sicherheit ein paar Wochen später noch mal nach. Antwort bleibt die gleiche. Sehr gut, das beruhigt mich. Dann ist es so weit: Der Juni geht zu Ende. Jetzt müsste das Geld langsam kommen. Macht es aber nicht. Mist. Wir sind darauf angewiesen, deshalb frage ich immer wieder nach, es ist jetzt schon Juli. Antwort von Hoca, keine Sorge, das Geld kommt bald. Es ist August. Frage nach. Antwort: Das Geld sollte kommen. Es ist September. Frage nach. Antwort: Also es gibt da im Vertrag diese Sonderklausel, nach der der Verlag, also Hoca, bis zu drei Monate verzögert zahlen darf. Ey, ich habe fünfmal gefragt! Ist das euer Ernst? Rechtlich ist das alles nicht angreifbar, aber kommunikativ ist Hoca ein unehrlicher Scheißhaufen, denke ich zum KATAPULT-Layouter und er stimmt nickend zu.

Verhandlungen laufen wieder weiter. Ich bin mittlerweile auf 16 Prozent runtergegangen. Am Telefon erklärt mir eine dritte Hoca-Lektorin, dass so hohe Prozente bisher nur eine einzige Autorin in der Geschichte der Verlagswelt bekommen hat. Warten Sie kurz, sage ich. Darf ich raten? Ist es zufälligerweise J.K. Rowling? »Ach Herr Fredrich, woher wissen Sie das denn?« Tja, einfach so geraten.

Ich frage mal bei anderen Verlagen nach, ob die mein Angebot auch so lächerlich finden. Drei Verlage reagieren auf mein Angebot: Alle drei stimmen zu und kein einziges Wort über j.K. rOwliNg. Angenehm.

Zwei Wochen später merkt Hoca, dass wir langsam abspringen, und unternimmt einen Rettungsversuch. Die Hoca-Geschäftsführerin, ein Hoca-Lektor und Thomas Ganske, der Chef der Ganske-Gruppe (Eigentümerin von Hoca), kommen höchstpersönlich nach Greifswald, um den Deal zu retten. Wir sitzen am Greifswalder Marktplatz im Restaurant. Thomas Ganske, der den Medienkonzern mit heute über 1.000 Mitarbeitern von seinem Vater geerbt hat, interessiert sich null für Bücher und Magazine. Auch unsere KATAPULT-Inhalte kennt er kaum, aber unsere Abozahlen erstaunen ihn. Im Gespräch geht es eher um Umsätze und Gewinnmargen. Er verkauft hier und da ein paar Magazine und kauft dafür ein paar andere hinzu. Die Ganske-Verlagsgruppe besteht aus einem Haufen Unterverlage, die Thomas Ganske wild zusammengeshoppt hat, aber auf keinen Fall zusammenpassen wollen. Sein neues Ziel für das Jahr erklärt er so: »Mehr Premium« im »hochpreisigen Segment«. Ich verstehe. Er ist ein Idiot.

Essen kommt. Gibt Burger. Aber wie läuft’s denn so mit den Verhandlungen? Ganske teilt mit, dass er zunächst den Verkaufspreis für unser neues Buch erhöhen will, weil das »der Markt hergibt«. Wir sind dagegen. Unser Buch soll genauso viel kosten wie das erste. Wir wollen nicht überall das Maximum an Geld rausholen, nur weil es möglich ist. Ganske versteht den Satz nicht und wechselt das Thema: Er meint, dass er an den Prozenten für KATAPULT eigentlich gar nicht werkeln kann und ich antworte, dass wir bereits andere Verlage kontaktiert haben, die uns zu diesen Prozenten zugesagt haben. Finanz-Ganske guckt schräg rüber und schlägt aus Verzweiflung irgendeine undurchsichtige Geschäfts-Verschleimung zwischen KATAPULT und einem seiner tausend Verlage vor. Er sehe »nun wirklich keinen rationalen Grund, warum wir diesem Vorschlag nicht zustimmen sollten«, stammelt er und wiederholt immer wieder, dass alles andere »irrational« wäre. Wir verabschieden uns freundlich.

Ich teile Hoca drei Wochen später mit, dass wir unser zweites Buch zusammen mit einem anderen Verlag veröffentlichen werden. Bei Hoca bricht die große Verwunderung aus. Sie versprechen, ab jetzt auch rechtzeitig zu zahlen. Ein weiterer Hoca-Lektor verstärkt die Aussage noch mal. »Wir zahlen ab jetzt wirklich pünktlich, Benni!« Es kommen noch ein paar Telefonate, in denen sie sich abwechselnd über unseren Weggang beschweren, um dann wieder zu betteln, wir sollten doch bitte bleiben. Ist unser Weggang wirklich so überraschend? Wir werden drei Monate zu spät bezahlt, geraten dadurch in Geldnot und bekommen am Ende ein schlechtes Angebot für das zweite Buch. Da sollen wir einfach bleiben? Nee.

Wie Hoca entscheidet, KATAPULT-Buch zu kopieren

Was in den folgenden Monaten passiert, hätte ich nie für möglich gehalten. Hoca ist jetzt verärgert und schaltet auf Angriff. Erster Angriff: Zum Erscheinungstermin unseres neuen KATAPULT-Buchs (jetzt mit Suhrkamp) soll das alte Buch (das mit Hoca) in vier verschiedenen Sonderfarben neu aufgelegt werden. Was ist das eigentliche Ziel von Hoca? Die Leute sollen unser neues Buch im Laden nicht so schnell sehen, weil da ganz viele andere Cover vom alten Buch liegen. Das neue Buch würde darin untergehen. Es soll verwässert werden. Wir lehnen ab. Wir wollen, dass unser erstes Buch das »Blaue Buch« bleibt und nicht in Rot, Orange, Magenta und in Regenbogenfarbe erscheint. Wir hatten die Idee fürs Cover, wir haben es gelayoutet, also entscheiden wir das jetzt auch. – Dachte ich.

Was sagt der Hoca-Lektor zu unserer Ablehnung? Sie wollen es trotzdem machen. Bidde? Wollen die echt gegen unseren Willen unser Cover ändern? Ich lese die Mail des Hoca-Lektors noch mal: »Lieber Benni, eure Kritik kann ich verstehen. Die Geschäftsleitung steht jedoch hinter dieser Idee. Sie wird die Verkäufe im Frühjahr noch einmal ankurbeln. Die Varianten-Cover sollen im März erscheinen. Bitte wende dich an unseren Verleger Tim Jung, wenn es Klärungsbedarf gibt.« Wenn es KLÄRUNGSBEDARF GIBT? Alter, mir fallen auf die Schnelle gar nicht alle Schimpfwörter auf einmal ein!

Ich wende mich an den Hoca-Geschäftsführer Tim Jung, der gerade erst vor wenigen Tagen von Bigboy-Finanz-Ganske eingestellt wurde und erkläre ihm, dass er das rechtlich nicht darf. KATAPULT hat Titel und Cover zu 100 Prozent allein erstellt. Das ist unser Werk und Hoca darf daran nicht ohne unsere Zustimmung herumpfuschen. Was sagt Neuverleger Tim Jung daraufhin zu mir? Ist ihm egal, er macht das jetzt trotzdem so. Aus großer Güte würde er aber die Regenbogenfarbe weglassen wollen. Das alles ist in etwa so, als würde ein Auktionator vor der Versteigerung eines Picassos (angemessener Vergleich!) noch mal die Farben übermalen, weil er meint, so würde sich das Gemälde besser verkaufen.

Ich habe die Geschichte genau 21 Leuten aus der Verlagswelt erzählt. Alle sind überrascht über diese dreiste Selbstherrlichkeit eines Verlegers. Das hätten sie sich nicht vorstellen können. 17 von 21 nennen Tim Jung sogar ein ignorantes Arschloch und vier Leute haben stattdessen eine etwas härtere Formulierung gewählt, die ich hier nicht aufschreiben möchte – zu vulgär, auch wenn der Inhalt natürlich stimmt.

Wir schicken Hoca eine Unterlassungserklärung und drohen, den Vertrag für das erste Buch zu kündigen. Womit wir nicht gerechnet hatten: Tim Jung unterschreibt die Unterlassungserklärung. Hoca darf die Sonderfarben anschließend nicht drucken. Wahrscheinlich haben die Hoca-Juristen ihrem Geschäftsführer Jung erklärt, dass er mit seinem Fehlverhalten einen Bestseller (unser erstes Buch) tatsächlich verlieren würde und die Einnahmen dann wegbrechen.

Der zweite Angriff von Hoca ist noch eine Nummer härter. Sie teilen mir mit, das neue Kartenbuch auch ohne uns zu machen. Okay, denke ich, kein Problem, sollen die machen. Wir können niemandem verbieten, Kartenbücher zu erstellen. Nach ein paar Monaten kommt raus, dass sie Zeit-Autor Tin Fischer und Zeit-Grafiker Mario Mensch engagiert haben. Ich denke erneut, das ist vollkommen in Ordnung. Die renommierte Zeit macht andere Karten als KATAPULT. Damit kommen wir klar.

Dann erscheint die Vorschau des neuen Kartenbuchs von Hoca, das von den Zeit-Autoren erstellt wurde. Es heißt »100 Karten, die deine Sicht auf Deutschland verändern«. Fällt euch was auf? Das ist fast unser Titel. Die haben lediglich »Welt« durch »Deutschland« ersetzt. Mensch Hoca ey, seid ihr nass? Habt ihr keine eigenen Ideen? Das ist doch viel zu auffällig, wie ihr uns kopiert! Wir schicken Hoca auch für diesen Fall eine Unterlassungserklärung. Hoca unterschreibt auch diese und muss das Buch anschließend umbenennen. Das Buch heißt jetzt: »Gute Karten«. – Danke, Frage beantwortet, die sind wirklich nass und haben keine eigenen Ideen. Unten am Hoca-Schriftzug wurde noch eilig der Zusatz »Atlas« aufs Cover gepatscht, so als sei es eine Reihe. Dabei gibt es bei Hoca überhaupt keine Atlanten-Reihe und der Verlag ist dafür natürlich auch nicht bekannt. Auf dem Buchcover ist eine Deutschlandkarte. Darüber steht der Satz »Jedes dritte Ei kommt von hier.« Haha. Steht das da echt? Jedes dritte Ei! Hehe! Schon witzig, wenn es nicht ernst gemeint wäre. Leider ist es ernst gemeint – traurig.

Wer schreibt sowas eigentlich, also das mit den Eiern? Der Autor ist Tin Fischer, der eigentlich Martin Fischer heißt, aber Tin Fischer wohl irgendwie doch pfiffiger fand, wahrscheinlich so wie das mit den drei Eiern. Auf seiner eigenen Internetseite interviewt Tin Fischer, nun ja, also, wie soll ich sagen, er interviewt Tin Fischer, er interviewt sich selbst. Das hat eine ganz eigene Komik, wenn es nicht erneut traurig werden würde, und zwar in dem Moment, in dem er seine eigenen Antworten auf selbst gestellte Fragen zusätzlich mit »Wie schön!« und »Klingt gut« kommentiert. Der Grafiker ist Mario Mensch. Seine Internetseite lässt ihn sympathisch wirken, kein Selbst­interview. Er macht alle möglichen Arten von Grafiken, nette Sachen, aber eigentlich nicht so fetzige Geräte wie KATAPULT. Er ist eher im Team der Akkuraten. Solider Typ.

Beide arbeiten als Freie für die renommierte Zeit. Was also naheliegt, ist, dass sie ein Buch im Zeit-Stil basteln und fertig. Oder nicht? Ich guck einfach mal rein in das neue Buch mit den drei Eiern. Nanu! Das sieht ja gar nicht so aus wie bei der Zeit, sondern wie bei KATAPULT. Wahnsinn. Autoren der renommierten Zeit haben eine Fortsetzung des KATAPULT-Buchs gemacht und nicht darauf vertraut, dass der Zeit-Stil auch gut genug für ein Buch sein könnte? Doll, aber okay, das sind ja nur der Stil, das Layout, unsere Art, Karten zu machen, Fragen zu stellen, die Eins-zu-eins-Übernahme unseres Text-Karten-Verhältnisses. Aber wie sieht’s denn mit dem Inhalt aus?

Ach was, das hier ist ja enorm: Deutschland hat fast so viel Wirtschaftskraft wie Afrika? Das erzähl ich sofort meiner Oma. Aber nee, die weiß das ja schon, weil sie nämlich KATAPULT-Ausgabe vier gelesen hat. Da war das mit Afrika mal auf dem Cover. Schade. Ich blätter weiter. Ach guck mal. Hier sieht man, in welchen Städten welche Drogen genommen werden. Das zeig ich unserer Online-Chefin Juli Katz. Ach nee, die kennt das ja schon. KATAPULT, Ausgabe 16. Oder hier, man könnte doch mal verschiedene Stadtgrundrisse vor einem blauen Hintergrund machen. Sieht geil aus! Das zeig ich unserem GIS-Mann Sebastian Haupt. Was sagt er? Ja, also die Karte habe er in der Art letztes Jahr erstellt. Wofür? Für unser erstes Buch, das mit Hoca. Es wirkt jetzt vielleicht etwas parteiisch, aber alle Karten, die nicht von uns geklaut wurden, sind saulangweilig und haben manchmal mit drei Eiern zu tun. Dieses gelbe Eierbuch ist das traurigste Plagiat, das ich je gesehen habe.

Auch wir haben früher mal Ideen und sogar Karten geklaut, damit wir bei Facebook abfetzen. Zu dieser Zeit waren wir ein Zwei-Mann-Betrieb und haben kaum Geld verdient. Das ist aber keine Entschuldigung, deshalb haben wir die Ideengeber (private Reddit-User) im Nachhinein angeschrieben und uns mit ihnen geeinigt. Ist immer nett abgelaufen. Die meisten wussten davon überhaupt nichts und zwei Leute sind über diesen nachträglichen Kontakt sogar zu Abonnenten geworden. Unglaublich. Können das mal bitte alle BWL-Akrobaten zu einer Theorie formen und in ihre Premium-Marketingkonzepte schreiben?

Stramm abgefuckte Finanzbobbis

Was aber die »Süddeutsche« vor Kurzem gemacht hat (bereits geklärt) und was Hoca jetzt mit diesem Buch macht, ist im Vergleich dazu eine ganz andere Nummer – das ist eine geplante und systematische Ausbeutung eines Konkurrenten. Ich fasse zusammen:

  • Das Cover hat das gleiche Format wie das unseres ersten Buches.

  • Das Cover ist genau wie unser erstes Buch aufgebaut. Der Titel sollte ursprünglich eine KATAPULT-Kopie werden: »100 Karten, die …«, die ich dann juristisch habe verbieten lassen.

  • Das Buch hat genau das gleiche Text-Bild-Verhältnis wie unser Buch.

  • Der Grafikstil ähnelt stark dem von KATAPULT und nicht dem der Zeit.

  • Viele Karten gab es inhaltlich schon mal im KATAPULT-Magazin.

  • Hoca verstichwortet das Buch bei METIS (wichtigstes Verlags-Analysetool) mit »Katapult«, aber nicht mit »Zeit«.

Auch für viele KATAPULT-Leser ist das Eierbuch eine Kopie. Wir bekommen etwa zehn Anrufe pro Woche, in denen uns Leser und manchmal auch Buchhändler fragen, ob das eigentlich unser Buch ist. Der Trick von Hoca hat also funktioniert. Allerdings beschweren sich bereits einige Amazon-Kunden in der Bewertungsspalte über die Kopie und wenn Tin Fischer und Hoca das Buch in ihren sozialen Kanälen bewerben, fragen Leute in den Kommentaren, ob das eine KATAPULT-Kopie ist. Tin Fischer likt solche Kommentare dann sogar noch, als würde er das alles ganz witzig finden. Und Hoca scheint bereits alles rotzegal zu sein, weil sie von stramm abgefuckten Finanzbobbis geführt werden.

Thomas Ganske und Tim Jung regieren Hoca so knüppelig, dass der allgemeine Sympathiewert des Verlags die Null gerade so nicht übersteigt. Das zeigt auch ein öffentlicher Protest ihrer eigenen Autoren gegen eine Ganske-Entscheidung im Oktober 2019. Unter den Protestlern sind unter anderem auch bekanntere Granaten wie Can Dündar und Francis Fukuyama. Nicht nur die Hoca-Autoren finden Ganske und Jung mies, auch die eigenen Mitarbeiter, die am Ende oft hilflos dastehen und uns sagen müssen, ja, liebe KATAPULT-Redaktion, wir verstehen euch total, klar dürfen wir euer Cover nicht ändern, das ist alles unfair, aber unsere kranke Geschäftsführung macht das jetzt einfach so und euer Geld, keine Ahnung, warum die immer zu spät überweisen – selbst die Hoca-Mitarbeiter teilen uns so immer wieder mit, wie stahlhart Hoca geführt wird.

Über Hoca lästert mittlerweile die halbe Branche, aber was ist mit dem Zeitverlag? Der hat doch eigentlich einen guten Ruf. Ist das nicht unangenehm, dass deren freie Autoren eine Fortsetzung von einem KATAPULT-Buch machen und das einfach nur deshalb, weil sie von Hoca dazu überredet wurden und sich das kopierte Buch am Ende durch eine gezielte Kundentäuschung gut verkauft? Würde ich gerne wissen, auch weil ich die Zeit wichtig finde. Korrekter Laden ist das, bin schon lange Abonnent.

Mit welchem Bein Seitenspiegel abtreten?

Was folgt für KATAPULT aus dieser Geschichte? Erstens haben wir einen neuen Verlag gefunden, mit dem wir gut zusammenarbeiten. Es ist auf vielen Ebenen professioneller dort. Unser zweites Buch (das grüne) wird von denen gerade sogar ins Englische und Italienische übersetzt. Wir freuen uns sehr darüber und werden die Zusammenarbeit ausbauen. Zweitens wird KATAPULT jetzt auch ein eigener Buchverlag. Wir veröffentlichen im Herbst 2020 die ersten drei eigenen Bücher: Das erste Buch ist eins über Sprache. Wer wollte nicht schon immer wissen, dass Spanien den geilsten Ländernamen der Welt hat, weil es nämlich »Land der vielen Hasen« heißt? Und Russland? »Land der Ruderer«, is ja klar! Das Sprachbuch haben sich viele von euch gewünscht, also machen wir das auch! Den Stil klauen wir vom Eierbuch.

Dann kommt ein Buch über Philosophen, die auch Säufer waren (Marx immer, Foucault manchmal, aber dafür heftig, de Beauvoir erst im Alter, und viele andere mehr). Darauf freue ich mich selbst schon am meisten. Foucault wollte auf einer Party übrigens mal einen Toast aussprechen und stürzte, noch bevor er richtig vom Stuhl aufstehen konnte, zu Boden. Stilsicher.

Das dritte Buch kommt von mir alleine. Es ist wie ein sehr langes Editorial, also noch länger als das hier. Worum geht’s? Die Gründung der KATAPULT-Redaktion in Greifswald. Wie konnte ich mit 20.000 Euro Schulden ein Magazin gerade in Greifswald gründen? Warum sind Tim Ehlers (Layouter) und Julius Gabele (irgendwas) halb Mensch, halb Wurst? Mit welchem Bein trete ich Autofahrern mindestens einen Seitenspiegel ab, wenn die mich blöd anhupen? Welche krummen Angebote haben wir schon alle bekommen und welche Kackfirmen gibt es neben Hoca noch? Warum habe ich 2014 niemanden gefunden, der bei »KATAPULT« mitmachen wollte, als noch nicht feststand, ob es eine Punkband oder ein Magazin wird? Und wie ist es dazu gekommen, dass wir heute 25 Festangestellte in der Redaktion haben, von denen fast keiner ein richtig fettes Arschloch ist?

Ihr könnt diese drei Bücher im KATAPULT-Shop bereits jetzt vorbestellen. Es dauert dann zwar ein paar Monate, bis sie geliefert werden, aber ihr gebt uns damit ideelle und natürlich auch finanzielle Unterstützung.

Wir bauen den KATAPULT-Buchverlag ab jetzt ganz neu auf und wollen unbedingt mit schicken und sympathischen Buchhandlungen kooperieren! Wenn ihr eine Buchhandlung betreibt oder einen Betreiber kennt, meldet euch gerne bei uns: verlag@katapult-magazin.de. Ich finde, dass ein kleiner (bald mittelgroßer!) Verlag aus Greifswald nicht nur sein sehr, sehr erfolgreiches Magazin, sondern auch seine Bücher selbst verlegen sollte, wenn er sowieso schon von vielen kleinen und großen Verlagen kopiert wird.

Aktuelle Ausgabe

Dieser Text erschien als Editorial der 18. Ausgabe von KATAPULT. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr.

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Footnotes

  1. Dündar, Can u.a.: Hoffmann und Campe: Offener Brief von Autoren, auf: buchmarkt.de (10.10.2019).

Authors

ist einsprachig in Wusterhusen bei Lubmin in der Nähe von Spandowerhagen aufgewachsen, studierte Politikwissenschaft und gründete während seines Studiums das KATAPULT-Magazin.

Aktuell pausiert er erfolgreich eine Promotion im Bereich der Politischen Theorie zum Thema »Die Theorie der radikalen Demokratie und die Potentiale ihrer Instrumentalisierung durch Rechtspopulisten«.

Veröffentlichungen:

Die Redaktion (Roman)

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