Leo­pold II. kaufte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Land mit seinem persönlichen Vermögen nach und nach auf, erließ seine eigene Verfassung und trieb mithilfe einer brutalen Privatarmee Abgaben ein. Weil es zu Gräueltaten und Hungersnöten kam, stieg der internationale Druck auf Leopold dermaßen, dass er seinen Kongo an den belgischen Staat verkaufte – was die Situation faktisch aber nicht verbesserte. Innerhalb von nur 40 Jahren starb die Hälfte der Bevölkerung. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs der Widerstand der Kongoles:innen gegen das Apartheid­­regime. Es kam zu Protesten, die die belgische Regierung zum Teil gewaltsam niederschlug. Um die Bevölkerung zu besänftigen, wurde ihr 1958 die Gründung politischer Parteien erlaubt. Radikale Forderungen und öffentlicher Druck führten schließlich dazu, dass Belgien die Kolonie am 30. Juni 1960 formal in die Unabhängigkeit entließ. Erster Premierminister wurde Patrice Lumumba, einer der wichtigsten Schwarzen Aktivisten und Politiker jener Zeit. Auf der Unabhängigkeitsfeier trat er ans Rednerpult, obwohl es nicht vorgesehen war. Während sein Vorredner, der belgische König, die Unabhängigkeit als Geschenk Belgiens zelebrierte, kritisierte Lumumba – als erster Kongolese überhaupt – öffentlich den Rassismus der Kolonialherren und die Unterdrückung: »Wir haben Spott, Beschimpfungen und Schläge ertragen müssen, morgens, mittags und abends, nur weil wir N**** waren. Wir haben erfahren müssen, dass uns Land geraubt wurde, im Namen vorgeblich legaler Dokumente, die lediglich das Recht des Stärkeren zur Geltung brachten. Wir haben gesehen, dass das Gesetz für Schwarze und Weiße nicht gleich ist, bequem für Letztere, grausam und unmenschlich für Erstere. Wer wird je die Massaker vergessen, in denen so viele unserer Geschwister umgekommen sind, die Zellen, in die jene geworfen wurden, die sich weigerten, sich einem Regime der Unterdrückung und Ausbeutung zu unterwerfen?« Seine Rede machte Lumumba bei seinen Landsleuten unvergessen. Doch nur zehn Tage nach der Zeremonie spaltete sich die rohstoffreiche Provinz Katanga von der neuen Republik ab – mit heimlicher Unterstützung Belgiens und der USA. Lumumba ersuchte Hilfe, um das Land zusammenzuhalten. Die Vereinten Nationen und die USA versagten sie ihm – die Sowjetunion nicht. Zusammen mit seiner Rede besiegelte das sein Schicksal. Auf Geheiß der US-Regierung wurde der Freiheitskämpfer Lumumba unter Vorwänden abgesetzt, festgenommen und am 17. Januar 1961 erschossen. 100 Jahre europäische Unterdrückung und Rassismus endeten nicht mit der Ermordung des ersten Premierministers der Demokratischen Republik Kongo. Stattdessen hat man hierzulande ein Heißgetränk nach ihm benannt: Lumumba. Es ist ein Kakao mit Schuss. Keine Pointe. Klärt euer Umfeld auf und sprecht es in Cafés an, die den alkoholhaltigen Kakao unter diesem Namen verkaufen. Bedenkt dabei: Die allermeisten benutzen diese Bezeichnung aus Unwissenheit. Alternative Namen wären etwa Tote Tante oder Kakao mit Schuss. Dieser Text stammt aus der aktuellen Druck-Ausgabe (N°29). Unterstützt uns mit einem Abo. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abonnements. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr. KATAPULT abonnieren