Vor wenigen Tagen verkündete der saudische Verteidigungsminister und zweite Kronprinz Mohammed bin Salman die Bildung einer islamischen Allianz gegen den Terror. Insgesamt soll das Bündnis mit Sitz in Riad 34 Staaten umfassen, die bereits Mitglieder der »Organisation für Islamische Zusammenarbeit« sind. Der Iran, der Irak und Syrien sind nicht dabei. Ziel der neuen Allianz ist es, den Kampf gegen den Terror des Islamischen Staates (IS) besser zu koordinieren. Konkrete Inhalte sind jedoch noch nicht bekannt. Auf die Ankündigung des Bündnisses wird seitens des Westens mit Verwunderung und Misstrauen reagiert. Steht Saudi-Arabien doch in Verdacht, Unterstützer des IS gewähren zu lassen. Die Gründe für die Bildung der Allianz werden in den westlichen Medien dementsprechend außerhalb der Bekämpfung des Terrorismus gesucht: Einerseits sei die Ankündigung mit den Ambitionen bin Salmans zu erklären, »sich [noch] zu Lebzeiten seines Vaters in der Thronfolge [..] etablieren« zu wollen; andererseits sei der Druck auf das Land durch die westlichen Partner gestiegen. Saudi-Arabiens Vormachtstellung im Nahen Osten Der Bundesnachrichtendienst (BND) hatte Anfang Dezember vor Saudi-Arabien gewarnt: »Die bisherige vorsichtige diplomatische Haltung der älteren Führungsmitglieder der Königsfamilie wird durch eine impulsive Interventionspolitik ersetzt.« Saudi-Arabien sei dazu bereit, »militärische, finanzielle und politische Risiken einzugehen, um regionalpolitisch nicht ins Hintertreffen zu geraten«. Mit 80,8 Milliarden US-Dollar hatte Saudi-Arabien 2014 den viertgrößten Verteidigungsetat weltweit. Davor lagen nur Russland (84,5 Milliarden US-Dollar), China (216 Milliarden US-Dollar) und die USA (610 Milliarden US-Dollar). Damit betrugen die Militärausgaben gut zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts – das ist im Vergleich mit den USA das Dreifache. Der Verteidigungsetat des Königreichs ist der mit Abstand höchste im Nahen Osten und fördert dessen Vormachtstellung. An wen liefert Deutschland Waffen? Aufgrund von Menschenrechtsverletzungen des autoritären Staates stehen deutsche Rüstungsexporte an das Königreich immer wieder in der Kritik. Anfang des Jahres entschied die Bundesregierung, Saudi-Arabien vorerst nicht mehr mit scharfen und schweren Waffen zu beliefern. Andere Rüstungsgüter jedoch wurden weiterhin geliefert. Im ersten Halbjahr 2015 war Saudi-Arabien trotzdem mit einem Volumen von rund 179 Millionen Euro der drittgrößte Abnehmer deutscher Rüstungsgüter – hinter Israel (etwa 391 Millionen Euro) und Großbritannien (1,1 Milliarden Euro). Geliefert wurden vor allem Teile für Fahrzeuge und Flugzeuge sowie Drohnentechnik. Im Sommer genehmigte die Bundesregierung dann wiederum die Lieferung von 15 bewaffneten Patrouillenbooten, die in Saudi-Arabien zum Schutz von Ölförderplattformen genutzt werden sollen. Auch andere Länder des Nahen Ostens beliefert Deutschland mit Waffentechnik. So wurden – neben kleineren Verkäufen an Jordanien und den Libanon – im ersten Halbjahr 2015 große Exportvolumen von Kleinwaffen in den Irak (4.080 Gewehre, 20 Maschinengewehre) und in die Vereinigten Arabischen Emirate (30 Gewehre, 3.000 Maschinenpistolen) genehmigt. Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher Die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Saudi-Arabien bestehen seit 1954. Jedoch gestalten sich diese schwierig und widersprüchlich: Einerseits warnt der BND vor dem Königreich – andererseits distanziert sich die Bundesregierung von dieser Einschätzung. Zum einen werden Waffenlieferungen aufgrund von Menschenrechtsverletzungen eingestellt – zum anderen werden diese Embargos dann wiederum aufgehoben oder aufgeweicht. Die Gründe für die inkonsequente Haltung Deutschlands sind vielfältig. Zunächst spielen die Interessen der Bundesregierung am Absatz von Rüstungsexporten eine nicht zu unterschätzende Rolle. Allerdings ist der Anteil von Waffenausfuhren gemessen am Gesamtexportvolumen nicht sonderlich hoch. »Im Jahr 2014 wurden nach Feststellungen des Statistischen Bundesamts Kriegswaffen im Wert von insgesamt 1,823 Mrd. € (0,16 % aller deutschen Exporte) aus Deutschland ausgeführt.« Auf Saudi-Arabien entfielen davon lediglich etwa 47,5 Millionen Euro. Anders als zunächst vermutet werden könnte, spielt auch die Sicherung von Öl-Lieferungen nur eine untergeordnete Rolle. Die größten Öl-Lieferanten für Deutschland sind Russland und Norwegen. Nicht zuletzt sieht die Bundesregierung in Saudi-Arabien aber einen starken Partner im Nahen Osten. »Ohne eine konstruktive Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien wird es nicht gelingen, in Syrien und anderswo in der Region die politischen Fortschritte zu erzielen, die wir so dringend brauchen«, heißt es dazu aus dem Auswärtigen Amt. Solange Deutschland mit Saudi-Arabien kooperiert, kann es sich zumindest sicher sein, dass das Königreich den IS nicht offen und nachhaltig unterstützt. Im besten Fall ist das sogar die Grundlage dafür, dass die Saudis die Terrororganisation auch inoffiziell nicht mehr unterstützen. Aktuelle Ausgabe KATAPULT-Abo als Gutschein zu Weihnachten verschenken. KATAPULT abonnieren