„Social Revolution and Authoritarian Durability“ von Jean Lachapelle, Steven Levitsky, Lucan A. Way und Adam E. Casey (World Politics, Oktober 2020). Das Kommunistische Regime auf Kuba regiert seit über 60 Jahren, die Herrschaft der Sowjets währte 74 Jahre und die Kommunistischen Parteien in China und Vietnam sind seit mehr als sechs Jahrzehnten an der Macht. Das islamistische Regime im Iran bringt es auf nunmehr 41 Jahre. Diese Regime überlebten schwerste politische Krisen, Kriege, Hungersnöte und Handelsembargos. Was haben sie gemeinsam? Sie wurden aus oft gewaltsamen sozialen Revolutionen geboren. Auch die beiden einzigen afrikanischen Klientelregime der Sowjetunion, die den Fall des Eisernen Vorhangs überstanden, waren das Ergebnis von Revolutionen: In Angola und Mosambik regieren die Parteien, die bis 1975 den portugiesischen Kolonialismus niederrangen, trotz langer Bürgerkriege noch heute. Eine Gruppe von Politikwissenschaftlern, die unter anderem an den Universitäten Göteborg und Harvard arbeiten, hat autokratische Regime verglichen, die zwischen 1900 und 2015 existierten. Sie wollten wissen, was einige von ihnen so langlebig machte. Revolutionäre Autokratien überlebten im Durchschnitt 39 Jahre, nicht-revolutionäre Regime kamen lediglich auf 15 Jahre. Dabei mussten viele Regime der letzten Kategorie nicht einmal annähernd so gewaltige Herausforderungen überwinden. Was machte sie so resistent? Die Bemühungen der revolutionären Eliten um eine radikale Umgestaltung der bestehenden sozialen und politischen Verhältnisse habe heftigen innen- und außenpolitischen Widerstand ausgelöst, der oft zu Kriegen führte, so die Autoren. Wo Regime diese Konflikte überlebten, hätte die Gewalt meist vier Folgen gehabt: eine geschlossene Herrscherelite, ein loyales Militär, einen mächtigen Repressionsapparat und die Zerstörung rivalisierender Organisationen und alternativer Machtzentren in der Gesellschaft. Diese Hinterlassenschaften der Gewalt schützten die Autokratien vor abtrünnigen Eliten, Militärputschen und Massenprotesten. Unmittelbar nach ihrer Machtübernahme trieb ihre Ideologie die Revolutionäre also oft zu radikalen Maßnahmen, die innere und äußere Feinde gegen sie aufbrachten. Manchmal führte das zu ihrem Sturz: In Kambodscha etwa beendete Vietnam die Herrschaft der Khmer Rouge nach nur vier Jahren. Doch wenn die Regime solche Konfrontationen überstanden, waren sie langfristig stabil. Die Angst um das Überleben des Regimes lieferte Anreize, die Reihen fest geschlossen zu halten – Widerspruch galt als Verrat. Die Kriege schufen zudem die Gelegenheiten, Dinge zu tun, die gewöhnliche Diktaturen meist nicht können: bestehende Armeen, Grundbesitzerklassen und traditionelle monarchische und religiöse Autoritäten schwächen und zerstören. Revolutionäre Regime bauten den Sicherheitsapparat von Grund neu auf. Armee, Polizei und Geheimdienste wurden von Kadern aus dem Befreiungskampf befehligt und Militärs bekleideten Spitzenpositionen in Regierung und Partei. Dass viele der Machthaber selbst im bewaffneten Kampf aktiv waren, half wiederum ihrem Prestige in militärischen Kreisen. Aus diesen Gründen ist ihre Kontrolle über die Sicherheitsdienste stärker ausgeprägt und Coup-Versuche sind seltener als unter andersartigen Regimen. Viele dieser Systeme sind oder waren kommunistisch. Könnte das auch ihre Widerstandsfähigkeit beeinflussen? Die Autoren der Studie verneinen das. Nicht-kommunistische Revolutionäre konnten ähnlich widerstandsfähige Regierungen bilden und von außen installierte kommunistische Regime seien meist signifikant weniger langlebig gewesen als revolutionäre. Nordkoreas Regime, das von der Sowjetunion installiert wurde, stellt hier eine bekannte Ausnahme dar. Jedoch wurde die Diktatur dennoch durch langwierige gewaltsame Kämpfe geprägt. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abonnements. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr. KATAPULT abonnieren