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Studie: „How individuals‘ social characteristics impact the likelihood to waste a vote – evidence from Great Britain, Germany and France“ von Corinna Kroeber, Cal Le Gall und Sarah C. Dingler (Januar 2020)
Kurz: Männer und junge Wählende verschwenden ihre Stimmen.
Bei der Bundestagwahl zählt jede Wähler:innenstimme gleich viel! Das steht zumindest im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Art. 38). Und auch über die Grenzen Deutschlands hinaus gilt: Die Gleichwertigkeit der Stimmen ist eines der Merkmale moderner Demokratien.
In der politischen Praxis sind die Dinge jedoch etwas komplizierter, denn viele Menschen nehmen trotz der Stimmabgabe keinen Einfluss auf das Wahlergebnis. Der Hauptgrund hierfür ist das Wahlsystem. So sorgen vor allem Mehrheitswahlsysteme dafür, dass Bürger:innen die eigene Stimme wegwerfen. Warum? In Mehrheitswahlsystemen gewinnen die Kandidierenden, die die meisten Stimmen auf sich vereinigen können. Wählen Bürger:innen also in der Wahl unterlegene Kandidat:innen, werden ihre Stimmen nicht direkt im Parlament abgebildet. Anders in Verhältniswahlsystemen. Hier können Stimmen nicht so schnell verschwendet werden, denn in solchen Systemen beeinflussen auch Wähler:innenstimmen an schwächere oder kleinere Parteien die Parlamentszusammensetzung. So finden sich auch deren Ansichten im Parlament wider.
Wahl aus Protest - oder um die eigene Identität auszudrücken
Das deutsche Wahlsystem ist besonders. Es verbindet Elemente auf Verhältnis- und Mehrheitswahlsystem. Während mit der Zweitstimme Parteien gewählt und über deren Stärke im Bundestag entschieden wird, wählen Bürger:innen mit der Erststimme Direktkandidat:innen in 299 Wahlkreisen. Über die Direktkandidat:innen wird also per Mehrheitswahl entschieden. In ihrer Studie untersuchen Corinna Kröber, Cal Le Gall und Sarah Dingler, welche Wähler:innen ihre Erststimme verschwenden. Sogenannte Wasted Votes entstehen, wenn Wählende ihre Stimme an Kandidaten:innen geben, die nur eine geringe Chance auf den Wahlsieg haben. In Deutschland sind Kandidierende aussichtslos, wenn sie nicht einen der ersten beiden Plätze in ihrem Direktwahlkreis belegen. Jede Stimme, die nicht an diese beiden geht, ist somit verschwendet.
Die Forschenden fanden heraus, dass eher Männer und junge Menschen ihre Stimmen verschwenden. Sie verwenden hierfür Daten für das Abstimmungsverhalten von Wähler:innen in Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Hierbei zeigt sich, dass Männer ihr Stimme vor allem verschwenden, um Protest und allgemeine Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien auszudrücken. Sie wenden sich zu diesem Zweck häufig radikaleren Kandidat:innen zu. Deren Chancen, zu gewinnen, sind in der Regel aber sehr gering. Bei jungen Wählenden ist ein anderes Motiv ausschlaggebend. Sie wollen mithilfe der Wahl ihre eigene Identität ausdrücken, also zeigen wofür sie einstehen. Dass ihre Stimmen dadurch unter Umständen nur wenig Einfluss hat, nehmen sie in Kauf.
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