Beziehungen und private Netzwerke können sich im Hinblick auf Beruf und Karriere als sehr nützlich erweisen. Linkedin, das weltweit größte berufliche Onlinenetzwerk, bietet deswegen die Funktion »Personen, die du vielleicht kennst« an. Sie schlägt Nutzer:innen Personen vor, die über ähnliche Profilinformationen verfügen oder gemeinsame Verbindungen aufweisen. So sollen sie Kontakte knüpfen und letztlich ein Netzwerk aufbauen können. Grafik herunterladen Dabei scheint es aber oft auch darum zu gehen, wie intensiv die Personen miteinander bekannt sind. Um die Auswirkungen von Kontakten in der Arbeitswelt zu überprüfen, variierte Linkedin ab 2015 willkürlich den hauseigenen Algorithmus für Freundschaftsvorschläge bei 20 Millionen Nutzer:innen über einen Zeitraum von fünf Jahren. Die einen erhielten eher Empfehlungen für schwächere Beziehungen, also eher Bekannte. Anderen Nutzer:innen wurden eher Freund:innen und Kolleg:innen vorgeschlagen. Ein Forscherteam von Linkedin, den Universitäten Harvard und Stanford sowie dem Massachusetts Institute of Technology untersuchte die bis 2019 gesammelten Daten. Die Wissenschaftler wollten unter anderem herausfinden, ob Netzwerke mit schwächeren zwischenmenschlichen Bindungen bei Jobwechseln tatsächlich hilfreicher sind als stärkere. Diese These hatte der Soziologe Mark Granovetter in den Siebzigerjahren aufgestellt – zu einer Zeit, in der an berufliche Onlinenetzwerke wie Linkedin noch nicht zu denken war. Grafik herunterladen Die Forschenden fanden heraus, dass Freundschaftsvorschläge zu Menschen, mit denen die Nutzer:innen eher schwach verbunden waren, in der Tat überdurchschnittlich nützlich für erfolgreiche Jobwechsel waren. Allerdings nicht in allen Berufsfeldern, sondern vor allem in stärker digitalisierten Branchen. In schwach digitalisierten Wirtschaftsbereichen hingegen waren kollegiale und freundschaftliche Verbindungen den erfolgreichen Berufswechseln dienlicher als lose Bekanntschaften. Grafik herunterladen Ob hilfreich oder nicht, viele Nutzer:innen waren verärgert über das Experiment von Linkedin. Das Unternehmen hatte diese nämlich vorher nicht darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Algorithmus angepasst worden war. Die Geschäftsbedingungen der Jobplattformen lassen die Verwendung privater Daten für Forschungszwecke zwar zu – gelesen hatten diese aber offenbar die Wenigsten. Sie waren wahrscheinlich zu sehr mit der Jobsuche beschäftigt. Studie: „A causal test of the strength of weak ties“ von Karthik Rajkumar, Guillaume Saint-Jacque, Iavor Bojinov, Erik Brynjolfsson und Sinan Aral (September 2022) Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abos. Unterstütze unsere Arbeit und abonniere das Magazin gedruckt oder als E-Paper ab 19,90 Euro im Jahr! KATAPULT abonnieren