Europas Luft verbessert sich. Das zeigt der jährlich erscheinende Bericht über die Luftqualität in Europa. Laut diesem ist vor allem die Belastung durch Feinstaub und Stickstoffdioxid, der sich Menschen in Europa täglich aussetzen, im Vergleich zu 2009 deutlich zurückgegangen. Grund zu jubeln, besteht trotzdem nicht. Zum einen ist im gleichen Zeitraum die Belastung durch bodennahes Ozon angestiegen, was die Forscher vor allem auf den heißen Sommer 2018 zurückführen. Zum anderen starben in Europa auch 2018 immer noch rund 500.000 Menschen vorzeitig an den Langzeitfolgen schlechter Luftqualität. Feinstaub ist in den 41 untersuchten Ländern für circa 417.000 Todesfälle verantwortlich, Stickstoffdioxid für 55.000 und Ozon für 20.600. Gesundheitsrisiken in Europa: Zigaretten, Fastfood … und Luft Negative Einflussfaktoren, etwa der Konsum von Genussmitteln wie Tabak oder Alkohol, können zu einem früheren Tod führen. Als vorzeitig verstorben gilt ein Mensch dann, wenn er ohne diese Einflussfaktoren das statistisch erwartete Durchschnittsalter erreicht hätte. So ist die Wahrscheinlichkeit, frühzeitig zu versterben, für einen starken Raucher, der nicht auf gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung achtet, höher als für eine Person, die ihm sonst gleicht, jedoch nicht raucht, Sport treibt und sich ausgewogen ernährt. Gleiches gilt für die tägliche Belastung durch mindere Luftqualität. Eine Person, deren Wohnumfeld hohe Feinstaubwerte aufweist, stirbt demnach früher als eine Person, die in einem naturbelassenen Alpendorf lebt - bei sonst vergleichbaren Lebensumständen und körperlichen Merkmalen. Je nachdem welche Schadstoffe man betrachtet, atmen in urbanen Ballungszentren Europas etwa 80 bis 90 Prozent der Menschen Luft, die von der Weltgesundheitsorganisation als ungesund eingestuft wird. In Deutschland sterben mehr Menschen, in Rumänien sterben sie früher Die absoluten Todesfallzahlen geben jedoch lediglich einen ersten Eindruck von den gesundheitlichen Folgen mangelhafter Luftqualität. Bessere Vergleichbarkeit bieten die Angaben zu den verlorenen Lebensjahren je 100.000 Einwohner. Diese geben Aufschluss darüber, wie viel früher Menschen sterben - und damit über das Ausmaß der Belastung. Für eine einzige Person können sich verschiedene Faktoren beispielsweise so auswirken: Liegt das durchschnittliche Lebensalter der Person aufgrund ihrer körperlichen Merkmale und Lebensumstände bei 80 Jahren und sie stirbt beispielsweise aufgrund starken Rauchens drei Wochen vor ihrem 80. Geburtstag, ist der Effekt des Einflussfaktors “Rauchen” geringer, als wenn dieselbe Person sich aufgrund einer Depression mit 25 Jahren das Leben nimmt. Die Stärke des Einflussfaktors “Depression” würde bei diesem hypothetischen Beispiel den des “Rauchens” bei Weitem übersteigen. Wenig überraschend sterben in absoluten Zahlen mehr Menschen in bevölkerungsreichen Staaten. Der entsprechende Wert lag 2018 in der Bundesrepublik bei 63.100. In Rumänien war die mangelhafte Luftqualität im gleichen Zeitraum “nur” für 25.000 Personen tödlich. Aber: In Rumänien starben die Menschen vergleichsweise früher an den Folgen der Luftverschmutzung als in Deutschland. Die verlorenen Lebensjahre je 100.000 Einwohner summieren sich in Deutschland auf 859. In Rumänien liegt der Wert bei 1.522, ist also beinahe doppelt so hoch. Estland zählt in Sachen Luftqualität zur Spitzengruppe Rumänien gehört zu jenen sechs Staaten, die die europäischen Grenzwerte für Feinstaub überschritten haben. Auch Polen, Tschechien, Bulgarien, Italien und Kroatien konnten die Grenzwerte nicht einhalten. Die europäischen Werte sind jedoch vergleichsweise großzügig. Werden als Maßstab die deutlich strengeren Kennzahlen der Weltgesundheitsorganisation herangezogen, können nur vier der 41 untersuchten Staaten mit Feinstaubwerten im unbedenklichen Bereich aufwarten: Estland, Finnland, Irland und Island. Die in vielen europäischen Staaten beschlossenen Lockdown-Maßnahmen während der Corona-Pandemie haben die Feinstaubwerte im städtischen Raum 2019 teilweise erheblich gesenkt. Inwieweit Personengruppen, die in vorangegangen Jahren in stark belasteten Gebieten lebten, häufiger mit schweren Covid-19-Verläufen zu kämpfen haben, ist zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht eindeutig auszumachen. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abonnements. Abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr. KATAPULT abonnieren