Als Helmut Schmidt und Valéry Giscard d'Estaing im Jahr 1975 den Weltwirtschaftsgipfel ins Leben riefen, war es ihr Ziel, ein Forum für einen konstruktiven Austausch der führenden Weltmächte zu schaffen. Damals gehörten Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, die USA und Großbritannien zu diesem Kreis. Ein Jahr später kam Kanada dazu. Es sollte sowohl über die gegenwärtige Wirtschaftslage als auch über die Lösungen für drängende Wirtschaftsprobleme diskutiert werden. Schnell wurden die Themen durch außenpolitische Fragen ergänzt. So standen auch die Bekämpfung des Terrorismus, der Umweltschutz und die Schuldenkrise auf der Agenda. 1998 wurde die Gruppe um Russland erweitert. Die G7 wurde zur G8. In diesem Jahr standen neben dem Welthandel (Durchsetzung des Freihandelsabkommens TTIP) die Flüchtlingssituation in Syrien und die Lage in der Ukraine sowie die Bekämpfung von Armut und die Griechenland-Frage auf dem Plan. Sogar Staats- und Regierungschefs aus Afrika und den arabischen Staaten wurden geladen. Russland fehlte jedoch. Im letzten Jahr wurde aufgrund der Annexion der Krim der Ausschluss Russlands von den diesjährigen Gesprächen beschlossen. Nicht nur Altkanzler Schröder, sondern auch der Mitbegründer des Gipfels, Helmut Schmidt, kritisierte scharf, dass Putin keine Einladung erhielt. Schmidt war schon im Vorfeld überzeugt, dass es aufgrund dessen zu keinerlei Ergebnissen kommen werde. Der ursprüngliche Ansatz, besonders in Krisenzeiten einen Dialog der einflussreichsten Staaten zu ermöglichen, wurde dadurch eindeutig verletzt. Es scheint unmöglich, dass ohne Russland eine Lösung für die Ostukraine gefunden werden kann. Weiterhin ist unklar, ob Russland dauerhaft ausgeschlossen bleibt. Fest stehe bereits, so Bundeskanzlerin Merkel, dass es an gemeinsamen Werten mangele und Russland somit nur bei ausgewählten Fragen (beispielsweise zu Syrien und Iran) miteinbezogen werden solle. Die Sanktionen gegen Russland bleiben bestehen, EU-Ratspräsident Donald Tusk sprach sich sogar für eine Verschärfung aus. Der Auftakt des Gipfels wirkte wie eine perfekte Inszenierung der deutsch-amerikanischen Freundschaft und ließ inhaltliche Debatten vorerst weit in den Hintergrund rücken. Die Ortschaft Krün präsentierte sich als Vorzeige-Idyll in den bayerischen Bergen, Obama begrüßte die Menschen mit einem »Grüß Gott« und hob hervor, dass er noch nie bessere Alphornbläser gehört habe. Die aktuelle NSA-Affäre hatte hierbei keinen Platz. Bundeskanzlerin Merkel ließ schon im Vorfeld verlauten, dass sie auf dieses Thema nicht eingehen wolle. Dies werde in einem anderen Umfeld erfolgen. Trotz aller Kritik lassen sich einige, wenn auch vage, Verhandlungsergebnisse anführen: Was Griechenland betrifft, soll Athen konkrete Vorschläge für ein Reformpaket vorlegen. Im Hinblick auf die Durchsetzung des TTIP sollen bis Ende des Jahres ernsthafte Fortschritte erzielt werden. Entwicklungsminister Gerd Müller appellierte an die Verantwortung der reichen Länder gegenüber den armen: Da momentan 10 Prozent der Weltbevölkerung 90 Prozent des Vermögens besitzen, sollten wir »neu teilen lernen«. Zudem gab es eine Einigung hinsichtlich der Begrenzung der Erderwärmung; gemeinsam soll der Anstieg auf höchstens zwei Grad begrenzt werden. Vor Ende des Jahrhunderts wird sogar eine Null-Emission von Treibhausgasen angestrebt. Dennoch stehen die Gesamtkosten für den Gipfel in keinem angemessenen Verhältnis zu seinem Ertrag: 138 Millionen Euro für 2 Tage. Der Bund der Steuerzahler Bayern geht sogar von 360 Millionen aus. Das ist das Dreifache der Kosten für die Konferenz 2007 in Heiligendamm. Es stellt sich also die Frage, ob die spärlichen Ergebnisse der Zusammenkunft die Kosten rechtfertigen. Eine Möglichkeit, diese immense Summe zu verringern, wäre ein fester Ort für die Treffen der G7. Dann müsste nur einmal die erforderliche Infrastruktur geschaffen werden. Viel fragwürdiger ist jedoch die Entwicklung des Gipfels. Als Forum zur Problemlösung angedacht, war das diesjährige Treffen eher durch Spaltung und Inszenierung gekennzeichnet. Russland wurde ausgeladen und die Bundeskanzlerin stellte sich als klimafreundlich dar. Zu den Hauptthemen, dem Syrienkonflikt und dem Kampf gegen Armut, wurden keine Lösungsansätze veröffentlicht. Dabei sollten doch die großen außenpolitischen Herausforderungen im Mittelpunkt des Gipfels stehen. Jedenfalls war das der ursprüngliche Ansatz.