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In Georgien und Bulgarien werden Parlamentswahlen abgehalten, in Uruguay Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, und in Japan die Shūgiin-Wahl (Unterhaus des Parlaments) sowie die Gouverneurswahlen in den Präfekturen Toyama und Okayama.
Georgien

Das Land ist seit Ende 2023 EU-Beitrittskandidat, die Verhandlungen stehen derzeit jedoch still. Grund dafür ist der Kurs, den die Regierung seit einiger Zeit eingeschlagen hat. Die EU und Kritiker:innen beurteilen diese als antiwestlich und prorussisch. Am Wochenende demonstrierten deshalb Zehntausende Georgier:innen in der Hauptstadt Tiflis für eine Annäherung an die EU.
Die Regierung stellt seit 2012 die Partei "Georgischer Traum" (KO); bei der letzten Parlamentswahl 2020 gewann sie 90 von 150 Sitzen. Sie gilt als populistisch und steht für eine Annäherung an Russland. Unterstützt wird die Partei durch den ehemaligen Premierminister und Milliardär Bidsina Iwanischwili. Zuletzt hatte die KO Gesetze verabschiedet, die an die Einschränkung der Rechte der Bevölkerung im Stile Russlands erinnern. Etwa ein Gesetz gegen "ausländische Agenten", das der schärferen Kontrolle der Zivilgesellschaft dient. Sowie das sogenannte Familienwerte-Gesetz, das die Rechte Homosexueller und anderer sexueller Minderheiten stark beschneidet. Oppositionelle und Nichtregierungsorganisationen sprechen von Gewalt und Übergriffen durch Anhänger der Regierungspartei, und werden etwa auf Plakaten als Vaterlandsverräter diffamiert.
Oppositionelle Kräfte könnten am Samstag genug Stimmen gewinnen, um die derzeitige Regierung abzulösen. Die Oppositionsparteien konnten sich bisher jedoch nicht auf eine gemeinsame Liste einigen.
Bulgarien

In Bulgarien wurde eigentlich bereits im Juni in einer vorgezogenen Neuwahl über ein Parlament abgestimmt. Weil die Regierungsbildung scheiterte, gibt es nun nochmals eine Neuwahl. Es ist die 7. Wahl der Nationalversammlung seit 2021. Seit Jahren kann das EU-Land keine stabile Regierung bilden. Zuletzt regierte eine Koalition aus der konservativen GERB-Partei und dem liberalen bis konservativen Bündnis "Wir setzen den Wandel fort – Demokratisches Bulgarien" (PP-DB). Sie zerbrach aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über notwendige Reformen.
Auch in Bulgarien wurde vor kurzem ein Anti-LGBTQ-Gesetz verabschiedet. Es verbietet Informationen über "nicht-traditionelle sexuelle Orientierungen" an Schulen und wird von Befürwortern als Schutz der Kinder vor angeblicher LGBTQ-"Propaganda" gerechtfertigt. Eingebracht wurde der Gesetzentwurf von der rechtsextremen, prorussischen Partei "Wasraschdane" (Wiedergeburt) - erhielt aber in der gesamten Nationalversammlung eine breite Zustimmung, auch von GERB. Abgeordnete, die gegen das möglicherweise verfassungswidrige Gesetz stimmten, wurden im Parlament als "Schwuchteln" beschimpft.
Umfragen zufolge könnten die Rechtsextremen am Sonntag – nach der GERB-Partei – zweitstärkste Kraft werden. Weil GERB aufgrund von Korruptionsvorwürfen kaum Koalitionspartner findet, rückt eine Zusammenarbeit mit der Kreml-freundlichen Wasraschdane in den Bereich des Möglichen.
Uruguay

Wer in Uruguay nicht wählen geht, muss in der Regel eine Geldstrafe zahlen oder wird zeitweise von öffentlichen Vorgängen ausgeschlossen (z.B. Uniprüfungen). Die Wahlbeteiligung lag bei den letzten Wahl 2019 entsprechend bei gut 90 Prozent.
Präsidentschafts- und Parlamentswahlen werden in Uruguay gleichzeitig abgehalten. Es gibt ein Zweikammersystem, das aus einem Abgeordnetenhaus (99 Mitglieder) und einem Senat (30 Mitglieder) besteht, die ebenfalls durch direkte Wahlen bestimmt werden. Die Präsidentschaftswahl funktioniert über ein Zwei-Runden-System: Wenn im ersten Wahlgang kein Kandidat über 50% erhält, treten die beiden bestplatzierten Kandidaten in einer Stichwahl gegeneinander an.
Auch für die kommende Entscheidung wird eine Stichwahl zwischen dem konservativen Álvaro Delgado (Partido Nacional) und Mitte-Links-Kandidaten Yamandú Orsi (Frente Amplio) erwartet. Der aktuelle Präsident ist Luis Lacalle Pou von der Partido Nacional. Seine Partei ist derzeit auch stärkste Kraft der Regierungskoalition, obwohl die linke Oppositionspartei Frente Amplio 2019 die meisten Stimmen bekam.
Obwohl der aktuellen Regierung Korruption und Machtmissbrauch vorgeworfen wird, und Armut und Schwarzarbeit unter Pou zugenommen hat, werden die Debatten in Uruguay gesitteter geführt als im Rest Lateinamerikas. Die Politik ist weniger gespalten als bei den Nachbarn. Als ein Grund gilt der traditionelle Laizismus, also die strikte Trennung von Kirche und Staat.
Japan

Japan ist (wie etwa das Vereinigte Königreich) eine parlamentarische Monarchie. Kaiser Naruhito hat keine politische Macht, seine Rolle hat eher symbolische Bedeutung. Am Sonntag wird das 465 Sitze zählende Abgeordnetenhaus des Zweikammerparlaments gewählt.
Seit 1955 stellt die politisch konservative und wirtschaftlich liberale Liberaldemokratische Partei (LDP) fast durchgehend die Regierung. Zuletzt erschütterten eine Parteispendenaffäre und die bekannt gewordenen engen Verbindungen zur Moon-Sekte die Wählergunst der LDP, woraufhin der bisherige Parteivorsitzende und Ministerpräsident Fumio Kishida sich zurückzog. Sein Nachfolger in beiden Ämtern ist seither der frühere Verteidigungsminister Shigeru Ishiba. Da er aber innerhalb der Partei wenig Rückhalt hat, hat der die Wahlen vorgezogen, um sich von der Bevölkerung legitimieren zu lassen. Normalerweise wäre erst in einem Jahr gewählt worden.
Obwohl die Opposition zersplittert ist, ist ein Machtwechsel nicht ausgeschlossen. Yoshihiko Noda von der Konstitutionell-Demokratische Partei (KDP) ist der Spitzenkandidat der Opposition und verspricht angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten Steuersenkungen auf Lebensmittel und bessere Arbeitsbedingungen.
Laut einer jüngsten Umfrage ist die Zustimmung zur KDP gewachsen. Sie ist die stärkste Oppositionspartei.
Zeitgleich mit den Unterhauswahlen finden in den Präfekturen Toyama und Okayama die Gouverneurswahlen statt. Diese werden auch direkt von der Bevölkerung gewählt und sind für die regionale Politik, Verwaltung und Wirtschaftsförderung verantwortlich. Sie sind zudem das Bindeglied zu der Zentralregierung in Tokio.

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Autor:innen
Geboren 1983, ist seit 2015 Redakteur bei KATAPULT und vor allem als Layouter, Grafiker und Lektor tätig. Er hat Germanistik, Kunstgeschichte und Deutsch als Fremdsprache an der Universität Greifswald studiert.