Studie: »Alcohol drinking cultures of European adolescents« von Astrid B. Bräker und Renate Soellner (März 2016) Kurz: Die Studie zeigt, dass auch 2016 noch große Unterschiede zwischen den europäischen Ländern beim Trinkverhalten Jugendlicher feststellbar waren, was sich auf kulturelle und politische Unterschiede zurückführen lässt. Südeuropäer trinken fast täglich, aber nur zum Essen und in Maßen – Skandinavier eher sporadisch, dann aber gerne auch mal zu viel. Die populäre Teilung Europas in »feuchte« und »trockene« Länder wurde über Jahre hinweg durch mehrere Studien bestätigt. Neuerdings in den Fokus gerückt ist hingegen das Trinkverhalten Jugendlicher. Ob sie die Eltern nachahmen oder ob sich Europas Jugend in den letzten Jahren kulturell angenähert hat, damit beschäftigen sich mittlerweile diverse Studien – wie 2016 im Rahmen des EU-Forschungsprojekts »AAA-prevent«. Für die Studie wurden insgesamt 48.423 Jugendliche im Alter von 12 bis 16 Jahren in 25 europäischen Ländern zu ihrem Trinkverhalten im letzten Monat befragt. Resultat: Es gibt nach wie vor starke Unterschiede zwischen den europäischen Ländern, allerdings kein klares Nord-Süd-Gefälle mehr. Dokumentiert wurde einerseits die Zahl der Anlässe, zu denen die 12 bis 16 Jahre alten Schüler Alkohol tranken, andererseits die dabei konsumierte Menge. Darauf basierend haben die Wissenschaftler drei Gruppen unterschieden: Nichttrinker, »milde« Konsumenten sowie Risikokonsumenten. Letztere beinhaltet all diejenigen Teenager, die in den letzten 30 Tagen mehr als zehn Gläser Bier und Wein oder mehr als fünf Gläser Spirituosen getrunken hatten. Am häufigsten wurde dieses Trinkverhalten in Dänemark, Irland und Finnland festgestellt. Dieser Befund stimmt mit den Daten der ESPAD 2015, der Europäischen Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen, überein. Auch dort waren Dänemarks Jugendliche Spitzenreiter beim Alkoholkonsum. Zusätzlich gab dort ein Drittel der dänischen Schüler an, sich im letzten Monat mindestens einmal betrunken zu haben. Interessanterweise unterscheiden sich die drei genannten Staaten dabei klar von ihren nordischen Nachbarn in Schweden, Norwegen und Island, was die Wissenschaftler auf die restriktive Alkoholpolitik der Letzteren mit ihren beispielsweise sehr hohen Bierpreisen zurückführen: In Island und Norwegen kosten 0,5 Liter durchschnittlich über acht Euro. In Mitteleuropa lässt sich ein zusammenhängendes Gebiet mit wenig Varianz erkennen, während die niedrigsten Werte vor allem im mediterranen Raum zu finden sind. Dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass die meisten Jugendlichen in diesen Ländern (noch) abstinent leben – nur unter den Franzosen nehmen drei von vier keinen Alkohol zu sich. In den restlichen Ländern dieser Gegend konsumieren die meisten Teenager gemäßigt Bier, Wein oder Schnaps. Es scheint, als würden sich nationale Einstellungen zum Trinken nach wie vor auf die Jugend übertragen. Allerdings hat sich die Vorliebe für bestimmte Getränke geändert: In Italien beispielsweise – weltweit führend im Weinanbau – trinken die Jugendlichen mittlerweile am liebsten Bier, was bislang eher in Mitteleuropa der Fall war. Größere Unterschiede als bei den Risikotrinkern existieren bei den Nichttrinkern. Während in Island vier von fünf Befragten angaben, keinen Alkohol zu trinken, war es in Estland nur jeder Fünfte. Generell war die geringste Abstinenz in Osteuropa zu finden. Ein Grund dafür könnte wiederum in der nachlässigen Umsetzung von Richtlinien und Jugendschutzgesetzen liegen. Dies wird von Bräker und Soellner jedoch nicht weiter ausgeführt, sondern als wichtiger Anknüpfungspunkt für künftige Studien gesehen. Aktuelle Ausgabe Dieser Text erschien in der elften Ausgabe von KATAPULT. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr. KATAPULT abonnieren