Die nationalkonservative Regierungspartei PiS will die Gesetze in Bezug auf Schwangerschaftsabbrüche weiter verschärfen. Dabei gelten diese im europäischen Vergleich bereits als sehr restriktiv. Momentan ist dort ein Schwangerschaftsabbruch nur in drei Fällen legal: nach einer Vergewaltigung, wenn das Leben von Schwangeren gefährdet ist oder bei einem missgebildeten Fötus. Der letzte Aspekt soll sich jetzt ändern. Auch Föten mit beispielsweise unheilbaren Krankheiten oder starken Missbildungen sollen in Zukunft ausgetragen werden müssen. Das Parlament hat dem Gesetzesentwurf zugestimmt. Nun muss er in den Ausschüssen bearbeitet werden. Im Jahr 2017 haben 1.061 ungewollt Schwangere einen Abbruch in polnischen Krankenhäusern vorgenommen. Bei 98 Prozent davon soll der Grund eine Missbildung des Fötus gewesen sein. De facto wären damit fast alle Schwangerschaftsabbrüche durch die mögliche neue Gesetzesänderung ausgeschlossen. Wahrscheinlich ist aber, dass diese Anzahl aber längst nicht alle Schwangerschaftsabbrüche listet. Denn neben der Gesetzeslage ist vor allem der Zugang zu medizinischer Versorgung entscheidend. Gerade mal 10 Prozent aller polnischen Krankenhäuser nehmen Schwangerschaftsabbrüche vor. Viele Polinnen reisen deswegen beispielsweise nach Deutschland, um dort Hilfe in Anspruch zu nehmen. Andere treiben illegal ab – im Jahr sind das rund 150.000 Fälle. Kritikerinnen und Kritikern zufolge nutzt die polnische Regierung den Zeitpunkt der Coronapandemie aus, um Gesetze mit möglichst wenig öffentlichem Gegenwind erlassen zu können. Denn aktuell sind Menschenansammlungen untersagt. In der Bevölkerung gibt es aber Widerstand. Der Gesetzesentwurf wurde zuletzt 2016 diskutiert. Damals gingen rund 30.000 Menschen auf die Straße; auch 2018 gab es große Proteste. Durch die aktuelle Corona-Pandemie ist die medizinische Versorgung für Schwangere - egal ob gewollt oder ungewollt - weltweit eingeschränkt oder fällt komplett weg. Davon könnten bis zu 9,5 Millionen Menschen betroffen sein, schätzt die Nichtregierungsorganisation Marie Stopes International. Deren Hochrechnungen zufolge könnten 2,7 Millionen Menschen unsichere Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, weil sie durch die Coronakrise nicht adäquat betreut werden können. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abonnements. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr. KATAPULT abonnieren