Den Deutschen wurden große Teile ihrer Schulden im 20. Jahrhundert viermal erlassen. Das letzte Mal, 1953, waren es über die Hälfte der gesamten BRD-Auslandsschulden. Das deutsche Wirtschaftswunder ist ein direktes Ergebnis dieses Schuldenschnittes. Historisch betrachtet ist auch die heutige wirtschaftliche Stärke Deutschlands auf dem Fundament großzügiger Schuldenschnitte gewachsen. Die damaligen Gläubiger hatten das Ziel, Westeuropa gegenüber der Sowjetunion zu stärken und machten Westdeutschland erstaunlich schnell wieder zu einem kreditwürdigen und vollwertigen Verbündeten. Für Griechenland gilt das nicht. Die Interessen haben sich gewandelt. Während des Kalten Krieges waren die Alliierten durch die Gefahr aus dem Osten dazu gezwungen, alle ihre Verbündeten zu unterstützen. Heute zwingen Gläubiger ihre Schuldner in der Regel dazu, ihre Schulden plus Zinsen zu zahlen - auch dann, wenn der Schuldner überschuldet ist. Deutschland hatte viermal Glück, Griechenland hat einmal Pech. Die Griechen verhandeln weniger mit politischen Entscheidern, sondern eher mit bürokratischen Finanzakteuren, die heute vornehmlich von der EU und der Troika vertreten werden. Neue Kredite, um alte zu begleichen Der bürokratische Zynismus dieser Akteure tritt besonders dann in Erscheinung, wenn sie Griechenland immer wieder mehr Kredite anbieten, um davon alte Kredite begleichen zu können. Griechenland macht seine neuen Schulden in erster Linie, damit es die alten Schulden begleichen kann. Die Schulden wachsen dadurch. Dem Land hilft das nicht. Nur noch Wenige glauben daran, dass Griechenland jemals seine Schulden zurückzahlen kann. Wer den Schuldenschnitt für Griechenland verweigert, riskiert erstens, die Wirtschaft dieses Land zu zerstören und zweitens, nicht mal einen Teil seiner Gelder zurückzubekommen. Würde es ein Interesse daran geben, die Europäische Union zu stärken, so wie die Alliierten damals das Interesse daran hatten Westeuropa zu stärken, dann gäbe es für alle überschuldeten Staaten der EU einen Schuldenschnitt mit Investitionsprogramm. Die Mitgliedsstaaten könnten aus ihren Fehlern lernen und ihre Finanz- und Wirtschaftspolitik angleichen. Die EU ist heute an einem Punkt angelangt, an dem große Politiker notwendig sind, doch leider gibt es derzeit keine. Niemand ist auf der Suche nach echten Verbündeten. Vielleicht fehlt dafür der gemeinsame Gegner.