Ein Jahr Pegida. Was anfangs als Dialog-Möglichkeit mit Politikverdrossenen eingestuft und fast begrüßt wurde, ist innerhalb dieses Zeitraums zu einer Hetz-Veranstaltung geworden, die eine inhaltliche Auseinandersetzung fast unmöglich macht. Doch die Hetze findet nicht nur auf der Straße statt. Wer heute in den Kommentarspalten von Artikeln zum Thema Flüchtlinge querliest, findet eine Mischung aus Fremdenfeindlichkeit, Fehlinformationen und Weltuntergangsszenarien. Es ist ein hetzerisches Grundrauschen entstanden, das medial nur noch bei extremen Ausschreitungen oder eben jetzt, zum Jahrestag von Pegida, Beachtung findet. Was denken die Dresdner über Pegida? Die Technische Universität Dresden widmet sich regelmäßig der Pegida-Bewegung und hat in einer repräsentativen Studie die Einstellung der Bevölkerung in Dresden zum Thema Asyl und Pegida untersucht. Die Ergebnisse wurden am 21. Oktober 2015 vorgestellt. Neben der Erkenntnis, dass insgesamt etwa 20 Prozent der Dresdner Bevölkerung Asylsuchenden gegenüber feindlich eingestellt ist, bescheinigt die Studie der Gruppe der 35- bis 60-Jährigen dabei den höchsten Wert (28,4 Prozent). In der Gruppe der über 60-Jährigen weicht die Ablehnung oder Zustimmung von Asylsuchenden einer unentschlossenen Einstellung. Entweder nimmt mit zunehmendem Alter die Positionierung hierzu ab oder diese Generation hatte nie eine Meinung.Wesentliche Unterschiede bestehen darüber hinaus zwischen Hochschulabsolventen und Menschen ohne universitären Abschluss. Die Frage, wie sie zu Pegida stehen, beantworteten gut 60 Prozent der Befragten mit einer Ablehnung der Inhalte. Zwölf Prozent stimmen den Inhalten zu. Knapp 28 Prozent stimmen den Inhalten teilweise zu. In vielen Städten haben sich in den letzten Monaten sogenannte Montagsdemonstrationen etabliert. Die Teilnehmerzahlen schwanken mit der Wetterlage und den Streitigkeiten in der Pegida-Führung. Auf der Seite der Gegendemonstranten ist man sich nicht sicher, ob eine Gegendemo das angemessene Mittel zum Protest ist, oder ob man die Pegida-Sympathisanten ignorieren soll. Gegenwehr oder Nichtbeachtung? Doch Ignorieren, in der Hoffnung, dass die fehlende Bühne und Zuhörerschaft zu einem Verschwinden der Montagsdemonstranten führt, ist offensichtlich das falsche Mittel. Vielmehr wird der fehlende Protest von den Pegida-Demonstranten als Bestätigung und Legitimation gewertet. Würden die oben genannten Dresdner Pegida-Gegner geschlossen auf die Straße gehen, wäre eine Konfrontation der Pegida-Sympathisanten mit ihrer eigenen Ausgrenzung unausweichlich. Durch die Überzeugung der Pegida-Befürworter, die Presse sei staatlich gelenkt, entsteht ein fast schon religiöser Glaube an »die Wahrheit«, die von Verschwörungsportalen verbreitet wird. Alle etablierten Medien werden als »gleichgeschaltete Lügenpresse« nicht mehr beachtet. Als Konsequenz entsteht bei den Pegida-Demonstranten das Gefühl, der Staat hätte sich gegen seine Bürger verschworen. Wozu derart verblendete Rechtsradikale in der Lage sind, hat die Messer-Attacke auf Henriette Reker, mittlerweile Oberbürgermeisterin Kölns, gezeigt. Wenngleich die Pegida-Demonstranten sich zunehmend in eine Welt der Verschwörungen flüchten und Menschen wie Akif Pirinçci applaudieren, führt das Nichtbeachten von fremdenfeindlichen Demonstrationen oder Kommentaren zu einer Stärkung. Die Reaktion auf solche Äußerungen kann daher nur noch die friedliche Konfrontation mit der Gegenansicht sein. Das wird jedoch nicht einfach.