Das neuseeländische Parlament hat im Juli 2020 eine Gesetzesänderung verabschiedet, die Männer und Frauen im Beruf gleichstellt. Das Besondere: In der Änderung geht es darum, auch unterschiedliche Berufe gleich zu bezahlen. Das bedeutet, eine Frau in einem historisch unterbezahlten Beruf, soll in Zukunft die gleiche Bezahlung wie ein Mann in einem anderen Bereich bekommen. Dann hat beispielsweise eine Friseurin das Recht auf die gleiche Bezahlung wie ein Automechaniker, also einem Mann, mit ähnlichen Fähigkeiten, vergleichbarer Verantwortung und Dienstleistung. Das Gesetz soll vor allem ermöglichen, dass Gehälter transparenter werden. Menschen, die sich unfair bezahlt fühlen, sollen eine tatsächliche Chance auf Überprüfung ihrer Löhne haben. Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern hofft, dass faire Gehälter so möglichst gemeinschaftlich ausgehandelt anstatt individuell vor Gericht eingefordert werden. Gerechte Löhne schaffen, ist eine globale Aufgabe Die Geschlechtergleichstellung hat in Neuseeland eine lange Geschichte. Es war weltweit das erste Land, das 1893 ein Wahlrecht für Frauen einführte. Seit Jahren versucht die Regierung auch, Opfer häuslicher Gewalt zu unterstützen. Ihnen wird unter anderem bezahlter Urlaub gewährt. Auf dem Gender Pay Gap Index, der jährlich vom Weltwirtschaftsforum erstellt wird, belegt Neuseeland momentan den sechsten Platz. Der Index bewertet die Gleichberechtigung von Frauen in vier Bereichen: Gesundheit, Bildung, wirtschaftliche sowie politische Partizipation. Mit dem Gesetz geht Neuseeland ein globales Problem an. Nur wenige Länder berücksichtigen die “Gender Pay Gap” überhaupt in ihren Gesetzen. In Island regelt ein Erlass aus dem Jahr 2017, dass Unternehmen mit 385 Euro pro Tag und Reputationsverlust bestraft werden, wenn sie sich nicht an die Vorgaben zu gleicher und transparenter Bezahlung halten. In Deutschland trat 2017 das Entgelttransparenzgesetz in Kraft, das gleichen Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit ermöglichen soll. An der realen Bezahlung ändert das Gesetz jedoch kaum etwas: Der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Frauen war 2018 rund 20 Prozent nied­ri­ger als der von Männern und hat sich seit 2006 kaum verändert. Bei gleicher formaler Qualifikation und ansonsten gleichen Merkmalen beträgt der Lohnunterschied aktuell sechs Prozent. Lohnunterschiede lassen sich nicht ausschließlich durch Faktoren wie Berufswahl oder Karrierepausen wegen einer Schwangerschaft erklären. Rollenstereotype und geschlechtsspezifische Zuschreibungen wirken sich immer noch auf die Arbeitsbewertung oder Stellenbesetzung aus. Das führt dazu, dass Frauen strukturell benachteiligt sind und geringere Aufstiegschancen haben als Männer. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abonnements. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr. KATAPULT abonnieren