Das Gelände, auf dem der "Souveräne Staat des Bektaschi-Ordens" entstehen soll, gehört der Glaubensgemeinschaft bereits. Es liegt in der albanischen Hauptstadt Tirana und beherbergt das Weltzentrum des Ordens. Laut der New York Times soll der zukünftige Staat eine Fläche von 11 Hektar umfassen. Das Grundstück, auf dem sich das Begegnungszentrum – die sogenannte Tekke – befindet, ist unseren Messungen zufolge jedoch nur etwa 5 Hektar groß. Zum Vergleich: Der Vatikanstaat hat eine Fläche von 49 Hektar. Wer sind die Bektaschi? Etwa 46 Prozent der albanischen Bevölkerung sind Muslime. Im Gegensatz dazu bezeichnen sich nur 5 Prozent der 2,8 Millionen Albaner als Bektaschi. Dabei sind sie ebenfalls Muslime, genauer gesagt, sie gehören einer schiitisch-sufistischen Strömung mit enger Verbindung zum Alevitentum an. Der Orden entstand im 13. Jahrhundert, wird von einigen Muslimen aber nicht als muslimisch betrachtet. Denn ihre religiöse Praxis unterscheidet sich von der vieler anderer Muslime: Die Bektaschi beten nur zweimal täglich, es gibt keine Geschlechtertrennung, kein Kopftuchgebot und kein konsequentes Alkohol- oder Bilderverbot. Eine zentrale Rolle spielen zudem rituelle Tänze, die die Gläubigen in ekstatische Zustände (Trance) versetzen sollen, um eine göttliche Erfahrung zu ermöglichen. Im Mittelpunkt steht die Einheit mit Gott, nicht die strikte Einhaltung von Regeln. Deshalb soll es auch Kritik an dem Vorhaben geben. Ein Gottesstaat sei mit den Prinzipien des Bektaschismus nicht vereinbar, sollen  Vertreter des Bektaschi-Ordens in der Türkei bemängeln. Der religiöse Führer der Bektaschi, Baba Mondi, der seinen Sitz in Tirana hat, begrüßt den Plan hingegen. Damit er umgesetzt werden kann, muss jedoch zunächst ein Gesetzentwurf erarbeitet und vom Parlament verabschiedet werden. Ob der Bektaschi-Staat auch internationale Anerkennung finden wird, steht auf einem ganz anderen Blatt. Dazu ist eine Menge Diplomatie auf allen Ebenen notwendig. Vielleicht wurden auch deshalb in den letzten Tagen Wikipedia-Artikel in über 20 Sprachen veröffentlicht. Weltweit gibt es schätzungsweise 7 bis 10 Millionen Bektaschi. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abos. Unterstütze unsere Arbeit und abonniere das Magazin gedruckt oder als E-Paper ab 19,90 Euro im Jahr! KATAPULT abonnieren Grafik herunterladen