Artikel teilen
Studie: »Bag leakage: The effect of disposable carryout bag regulations on unregulated bags« von Rebecca L. C. Taylor (Januar 2019)
Kalifornien untersagte 2014 die Nutzung von Plastiktragetüten im Einzelhandel. Die Folge: 20.000 Tonnen weniger Plastik in einem Jahr, aber auch: Eine deutliche Erhöhung des CO2-Ausstoßes durch die Produktion von Papiertüten.
Die Ökonomin Rebecca Taylor untersuchte die Daten von insgesamt 546 kalifornischen Geschäften. Was beobachtete sie? Die Nutzung von Stoff- und Papiertaschen stieg durch das Verbot an. Durchschnittlich verwendeten Kunden jetzt zehnmal mehr Papiertüten als vorher, wodurch insgesamt rund 652 Millionen zusätzliche Papiertüten verbraucht wurden. Außerdem fand sie heraus, dass vor dem Verbot rund ein Fünftel der vermeintlichen Einwegplastiktüten als Müllbeutel weiterverwendet wurden. Weil diese nun wegfielen, stiegen die Verkäufe konventioneller Müllbeutel an, die größer und schwerer als Plastiktüten sind. Die Einsparung von Plastikmüll war deshalb um ein Viertel geringer als erhofft.
Die Erkenntnis: Ökologisch führt ein Plastiktütenverbot zu widersprüchlichen Ergebnissen. Im Untersuchungskontext wurden zwar ungefähr 31.000 Tonnen plastiktütenbedingte CO2-Emissionen eingespart, die zusätzlichen Papiertüten erhöhten den Ausstoß jedoch wieder um 78.000 Tonnen CO2. In die Berechnung wurden Produktion, Transport und Lagerung mit einbezogen.
Bei der Herstellung von Papiertüten entstehen 70 Prozent mehr luft- und 5.000 Prozent mehr wasserverschmutzende Stoffe als bei der Produktion von Kunststoff. Papiertüten wiegen deutlich mehr als Plastiktüten, daher gestaltet sich auch ihr Transport und ihre Entsorgung aufwendiger. Auch der Energieaufwand für das Recycling eines Kilos Plastik ist 98 Prozent geringer als jener für Papier.
Bei allen Nachteilen von Papiertüten ist jedoch zu bedenken: Die meisten Kunststoffarten sind nicht biologisch abbaubar. Oft landen Plastiktüten im Meer und zerstören maritime Ökosysteme. Die Umweltbehörde der Vereinten Nationen beziffert den Schaden mit jährlich 13 Milliarden US-Dollar. Obwohl Plastiktüten und -folien nur circa 2,2 Prozent des gesamten ins Meer gespülten Mülls ausmachen, gehören sie zu den am häufigsten in Küstengebieten gefundenen Gegenständen. In den Meeren wird das Plastik von Tieren gefressen oder anderweitig aufgenommen. Plastiktüten gelten beispielsweise als eine der größten Bedrohungen für Meeresschildkröten, die diese für fressbare Quallen halten. Nicht zuletzt landen gesundheitsgefährdende Inhaltsstoffe von Plastik über den Nahrungskreislauf auch beim Menschen auf dem Tisch.
Die Belastung durch Treibhausgase bei der Herstellung von Papiertüten muss also gegen den Schaden an der Tierwelt und der menschlichen Gesundheit durch Plastikmüll abgewogen werden, wenn über ein Plastiktütenverbot nachgedacht wird.
Diese Studie erschien in der 14. Ausgabe von KATAPULT. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr.
Autor:innen
Ehemaliger Praktikant bei KATAPULT.