Ob rechtsextremen Verlagen auf Buchmessen eine Bühne geboten werden sollte, wird seit Jahren debattiert. Aktueller Aufhänger dieses Jahr ist die Präsenz des Jungeuropa Verlags auf der Frankfurter Buchmesse. Sie veranlasste unter anderen die Autorin Jasmina Kuhnke dazu, ihren Auftritt auf der Messe abzusagen. Die Gründe der Autorin? Angst vor Übergriffen und die Weigerung mit den Menschen auf derselben Veranstaltung zu sein, die öffentlich gefordert hatten, Kuhnke abzuschieben. Dass sie in nicht öffentlicher Form noch mit viel schlimmeren  Anfeindungen konfrontiert wird, macht Kuhnke immer wieder zum Thema. Ihre Absage sorgt für Diskussionen. Die einen meinen, dass liberale Demokratien unliebsame Positionen vor dem Hintergrund des Grundrechts auf Meinungsfreiheit nun einmal aushalten müssten. Die anderen fordern, gerade angesichts neurechter Verlage Präsenz zu zeigen. Für beide Einwände mag es gute Gründe geben. Aber: man muss sich eine solche Kritik auch leisten können. Das heißt, nicht selbst zu denjenigen gehören, die sich permanent der Gefahr von rechts ausgesetzt sehen. Welche Verantwortung tragen die Veranstalter:innen der Buchmesse? Der Direktor der Buchmesse, Jürgen Boos, wies darauf hin, dass ein Ausschluss von Verlagen, deren Bücher strafrechtlich nicht relevant sind, problematisch sei. Der Grund dafür: Das Kartellrecht. Da die Frankfurter Buchmesse als marktbeherrschend gelten kann, könnten die Organisator:innen Verlage nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund ausschließen. Warum dem Jungeuropa Verlag dieses Jahr jedoch ein derart prominenter Ausstellungsplatz zugewiesen wurde, bleibt fraglich - zumal in der Vergangenheit anders verfahren wurde. Hier hätten die Veranstalter:innen ohne Mühe anders agieren können.  Zudem halten sich die Organisator:innen der Buchmesse mit Blick auf möglicherweise strafrechtlich relevante Inhalte unverhältnismäßig zurück. Dass, wie Boos ausführt, gegen den Jungeuropa Verlag bislang weder Klagen erhoben, noch Verfahren angestrengt worden seien, heißt nicht, dass dies nicht möglich wäre. Mit Blick auf kartellrechtliche Bedenken scheint die Buchmesse also vorauseilend gehorsam zu agieren. Dasselbe tun sie mit Blick auf strafrechtliche Fragen offensichtlich nicht. Dass sich die vom Jungeuropa Verlag verlegten Autoren jenseits der freiheitlich demokratischen Grundordnung bewegen, zeigt ein Blick in ihr Verlagsprogramm. Grafik herunterladen Faschismus wohin das Auge reicht Die Wiener Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl hat es sich angesehen. Ergebnis: „Faschismus ist hier keine Ausnahme, sondern das Standardrepertoire.“ Von Franco-Verehrern über Mussolini-Fans bis hin zu Nazi-Kollaborateuren ist alles dabei. Neurechten Burschenschaftern wird ebenso eine Bühne geboten wie solchen Autoren, die sich vor dem Hintergrund einer vermeintlichen “westlichen Dekadenz” das Leben genommen haben. Ein Narrativ, das vor allem in faschistischen Kreisen gesponnen wird.  Jungeuropa begnügt sich aber nicht mit dem Verlegen rechtsextremer Klassiker, auch die aktuellen Titel bewegen sich auf dem Boden neurechter Ideologie, etwa indem sie versuchen, „Nation und (völkische[n]) Sozialismus“ zusammenzubringen. Der Toptitel des aktuellen Verlagsprogramms ist übrigens Alain de Benoists „Gegen den Liberalismus“. Benoist gilt als Vordenker der Neuen Rechten. Seine Ideen werden unter anderen von der Identitären Bewegung aufgegriffen. Und diese ist laut Verfassungsschutz gesichert rechtsextrem.  Keine Frage, die Meinungsfreiheit ist in liberalen Demokratien eines der höchsten Güter. Gerade in Deutschland sollte man aber wissen, dass die Demokratie auch wehrhaft sein muss. Vielleicht lässt es die Frankfurter Buchmesse 2022 auf einen Prozess ankommen, wenn sie sich entscheidet, neurechte Verlage auszuschließen. Sachlich gerechtfertigte Gründe für einen Ausschluss rechtsextremer Verlage finden sich genug, die Verlagsprogramme sind schließlich öffentlich einsehbar. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abos. Unterstütze unsere Arbeit und abonniere das Magazin gedruckt oder als E-Paper ab 19,90 Euro im Jahr! KATAPULT abonnieren