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Wahl-Berichterstattung

Komoren auf dem Weg zur Autokratie?

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Seit ihrer Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1975 sind die Komoren von zahlreichen Putschen und Machtwechseln gezeichnet. Um politische Stabilität zu etablieren, wurde 2001 die Rotationsregel zwischen den Inseln Grande Comore, Anjouan und Mohéli eingeführt.

Nach seinem Militärcoup im Jahr 1999 wurde der aktuelle Präsident und damalige Oberst Azali Assoumani zum ersten Mal Staatsoberhaupt, 2002 wurde er demokratisch bestätigt. Bei den Wahlen 2006 durfte er gemäß Verfassung jedoch nicht mehr antreten. Erst 2016 kandidierte Azali erneut und entschied die Wahl knapp für sich. Seitdem läuft seine zweite Präsidentschaft. 2018 hielt er ein Referendum zur Änderung besagter Verfassung ab. Die Abstimmung galt jedoch als umstritten und die Opposition rief zum Boykott auf. Schlussendlich stimmten aber mehr als 90 Prozent (Wahlbeteiligung: 63,9 Prozent) für eine Änderung. Künftig darf ein Amtsträger ein zweites Mal gewählt werden. Infolge des Referendum kam es zu Protesten und gewalttätigen Ausschreitungen, bei denen es auch Tote gab.

Azali zog die Wahlen auf 2019 vor, damit seine aktuelle Präsidentschaft keine komplette Legislaturperiode umfasst. Somit gilt diese Regelung für ihn auch erst ab den Wahlen 2019 und er könnte theoretisch bis 2029 an der Macht bleiben.

Im Vorfeld war für die Präsidentschaftswahl am 24. März ein knapper Ausgang prognostiziert worden. Insgesamt sieben Gegenkandidaten, darunter auch die beiden aussichtsreichsten, wurden jedoch vom Obersten Gerichtshof, der ausschließlich aus Verbündeten Azalis besteht, von der Wahl ausgeschlossen.

Alle Oppositionellen kündigten deshalb für den Fall eines zweiten Wahlgangs an, bei einer Stichwahl geschlossen hinter dem Konkurrenten des amtierenden Präsidenten zu stehen. Es kam jedoch anders: Bei einer Wahlbeteiligung von rund 54 Prozent (etwa 97.000 Stimmen) gewann Azali mit 60,77 Prozent der abgegebenen Stimmen die absolute Mehrheit; der Zweitplatzierte, Mahamoud Ahamada, erhielt lediglich 14,62 Prozent; die elf weiteren Kandidaten waren noch weiter abgeschlagen. Ein zweiter Wahlgang ist also nicht notwendig.

Oppositionelle sowie Wahlbeobachter verschiedener Organisationen und Nationen vermeldeten hingegen zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung der Wahl: So seien unabhängige Beobachter verboten, Wahllokale nicht geöffnet und Stimmzetteln vor Beginn der Stimmabgabe gekennzeichnet worden. Auch das eindeutige Ergebnis entspricht nicht der Stimmung in dem Land, das besonders seit dem Verfassungsreferendum von Kundgebungen und Ausschreitungen gezeichnet ist. Die Opposition akzeptiert das Ergebnis nicht, es kam zu Ausschreitungen.

Die Union der Komoren sind der drittkleinste Staat Afrikas. Die 800.000 Einwohner leben auf einer Gesamtfläche von mit knapp 2.000 Quadratkilometern (doppelt so groß wie Berlin). Das muslimisch geprägte Land kämpft um Stabilität, ein möglicher Weg ist der Ausbau des Tourismus. Durch die Hauptexportgüter Vanille, Nelken und Parfümextrakte ist die Wirtschaft der Nation von internationalen Preisschwankungen abhängig. Trotz stabilen Wirtschaftswachstums in den letzten 20 Jahren geht die sozioökonomische Entwicklung des Landes nur schleppend voran. 45 Prozent der Bewohner leben unter der Armutsgrenze, mehr als die Hälfte ist jünger als 20 Jahre.

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