Anders als beispielsweise in Deutschland oder Österreich, wo die Hauptstädte im Grundgesetz bzw. im Bundes-Verfassungsgesetz verankert sind, haben die Schweizerinnen und Schweizer nirgends festgelegt, welches ihre zentrale Hauptstadt sein soll. Praktisch gesehen ist jedoch Bern die schweizerische Hauptstadt. Denn hier sitzen der Bundesrat mit den Departementen (Ministerien) und der Bundeskanzlei (zusammen die Exekutive) sowie die Bundesversammlung, bestehend aus National- und Ständerat, (Legislative). Deswegen wird Bern auch als Bundesstadt bezeichnet. Und warum machen die Schweizerinnen und Schweizer Bern dann nicht einfach zu ihrer Hauptstadt? Das hat historische Gründe. Bevor die Schweiz infolge des sogenannten Sonderbundskriegs (1847) in ihrer heutigen Form als Bundesstaat verfasst wurde, gab es keine zentrale Regierung. Entsprechend trafen sich die Abgesandten der Kantone an wechselnden Orten. Mit der Errichtung des Bundesstaates 1848 sollte sich das ändern.
Es gab verschiedene Kandidaten, aber die Wahl fiel auf Bern, wohl auch weil die Stadt in einem zweisprachigen Kanton lag (deutsch und französisch) – ein einendes Argument für die Wahl der Stadt als Regierungssitz. Dass man darauf verzichtete, sie als Hauptstadt zu bezeichnen, ist ebenfalls einer gewissen Diplomatie geschuldet. Man wollte "Rücksicht auf die Stimmung in den katholisch-konservativen Kantonen" nehmen, die im Bürgerkrieg unterlagen und den Bundesstaat eher ablehnten. Bis heute gibt es deshalb kein Gesetz, das eine schweizerische Hauptstadt festlegt. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abos. Unterstütze unsere Arbeit und abonniere das Magazin gedruckt oder als E-Paper ab 19,90 Euro im Jahr! KATAPULT abonnieren