Deutschland hat seine Grenzen geschlossen. Doch die Flüchtlinge werden dadurch nicht weniger. Am vergangenen Samstag kamen 13.000 Flüchtlinge in München an. Einige Sonderzüge brachten Flüchtlinge nach Nordrhein-Westfalen. Die übrigen Bundesländer nahmen zusammen nur 400 Menschen auf. Der Münchener Oberbürgermeister bezeichnete dies als »lächerlich«. Doch in München geht es lediglich um die Überlastung der Erstaufnahme-Einrichtungen. Diese verteilen die Flüchtlinge dann nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel auf die Länder. Ein Großteil der Flüchtlinge wird also nicht in München bleiben. Dennoch verdeutlichen die Zahlen die Notwendigkeit einer vernünftigen Aufteilung der Flüchtlinge auf das Bundesgebiet. Der Königsteiner Schlüssel bestimmt die Flüchtlingszahl, die jedes Bundesland in Abhängigkeit von Steuereinnahmen und Bevölkerungszahl aufnehmen muss. Als der Schlüssel 1949 eingeführt wurde, sollte er die Forschungsfinanzierung in der jungen Bundesrepublik regeln. Damals erschien es sinnvoll, die Länder nach ihren finanziellen Möglichkeiten und der Anzahl der Einwohner an den Kosten zu beteiligen. Wenn heute nach der gleichen Berechnungsmethode Flüchtlinge auf die Länder verteilt werden, wird die Unterbringungssituation vor Ort nicht berücksichtigt. Denn die Länder leiten die Flüchtlinge nur an die Kommunen weiter. Die Probleme der Flüchtlingsunterbringung in München zeigen, dass die Verteilung nur nach Einwohnerzahl und Einkommen selten sinnvoll ist: In München herrscht, trotz Reichtum und hoher Einwohnerzahl, bundesweit die größte Wohnungsnot. Ängste abbauen Dagegen stehen in den ostdeutschen Ländern im Verhältnis zu den Flüchtlingen, die aufgenommen werden müssen, mehr Wohnungen leer. Wäre es nicht naheliegend, die Verteilung entsprechend anzupassen? Für eine derartige Unterbringung müsste zunächst eine angemessene Infrastruktur mit eingerichteten Wohnungen, Therapeuten und Integrationsangeboten geschaffen werden. Die Einwohner müssten an diesem Prozess beteiligt und auf die bevorstehende Situation vorbereitet werden. Die Bundesländer, die weniger Flüchtlinge aufnähmen, müssten einen finanziellen Ausgleich zahlen. Allerdings sind die derzeitigen Ausschreitungen und Demonstrationen in ostdeutschen Städten für Flüchtlinge unzumutbar. Dies als Argument gegen eine dortige Unterbringung zu nutzen, bedeutete aber gleichzeitig, dem Druck der »besorgten Bürger« nachzugeben. Sie hätten damit ihr Ziel erreicht. Anfang des Monats gaben 46 Prozent der Ostdeutschen an, dass ihnen die Höhe der Flüchtlingszahlen Angst macht. In Westdeutschland waren es nur 36 Prozent. Dabei ist der Ausländeranteil im Westen wesentlich höher als im Osten. Scheinbar beseitigt der kulturelle Austausch mit Fremden diese Vorbehalte. Ein Zuzug von Flüchtlingen könnte nicht nur dem verschärften demografischen Wandel in einigen ostdeutschen Gebieten entgegenwirken, sondern auch die Wirtschaft ankurbeln. Vielleicht würden dann auch endlich die Ängste vor fremden Menschen und Kulturen abgebaut. Wohungsleerstand und aufgenommene Flüchtlinge nach Bundesländern: Grafik herunterladen