Große Medien-Recherche
Frontex war an 22 illegalen Pushbacks beteiligt
Von Daniela Krenn und Lilly Graschl
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Was passiert bei Pushbacks? Asylsuchende werden auf See zurückgedrängt. Sie werden dabei außerhalb der EU-Grenzen gebracht. So können sie kein Asyl in der EU beantragen. Solche Vorgehen sind illegal und verstoßen gegen internationales und europäisches Recht. Denn: Jede:r Asylsuchende innerhalb der EU hat das Recht, einen Asylantrag zu stellen. Die griechische Küstenwache führt solche Pushbacks seit März 2020 mit Hilfe der EU-Grenzschutzagentur Frontex systematisch durch - das beweisen die Recherchen.
Frontex war an mindestens 22 Pushbacks beteiligt. Zudem vertuschte Frontex sie als “Ausreiseverhinderung” in den Datenbanken. Teilweise fälschte die Agentur auch die Fundorte der Geflüchteten. In ihrer Datenbank stand dann etwa, dass Menschen in türkischen Gewässern gefunden wurden. Tatsächlich waren sie aber in griechischen Gewässern und damit innerhalb der EU-Grenzen.
Frontex ist die Europäische Agentur für Grenz- und Küstenwache. Sie ist für die Kontrolle der EU-Außengrenzen verantwortlich und arbeitet mit EU-Staaten zusammen. 2004 wurde sie gegründet. Mehrmals wurde die Agentur schon wegen Menschenrechtsverletzungen kritisiert. Es gibt Medienberichte, dass Frontex Gewaltexzesse nationaler Beamter dulde und auch selbst gewalttätig gegen Asylsuchende sei.
Was darf Frontex und was nicht? Klar ist: Sie sind für den Grenzschutz mitverantwortlich. Sie spüren Geflüchtetenboote auf, sollen Schlepperei verhindern und die EU-Außenstaaten bei der Küstenwache unterstützen. Sie haben die Pflicht zur Seenotrettung. Was sie absolut NICHT dürfen: Boote mit Einwanderer:innen abdrängen oder gar zur Umkehr zwingen. Die Beweise zeigen aber, dass sie eindeutig dabei geholfen haben und involviert waren.
Nach den Anschuldigungen bot am heutigen Freitag der Frontex-Direktor Fabrice Leggeri seinen Rücktritt an. Die Menschenrechtsorganisation Sea Watch und das Recherchekollektiv FragDenStaat haben Klagen gegen Frontex eingeleitet.
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Autor:innen
Ehemalige Redakteurin bei KATAPULT. Hat Journalismus und Kommunikation in Wien und Amsterdam studiert. Themenschwerpunkte sind Gesellschaftspolitik und feministische Themen. Macht auch Podcasts.
Geboren 1994, ist seit 2021 Grafikerin bei KATAPULT. Sie hat visuelle Kommunikation in Graz studiert und ist Illustratorin.