Informationssperren, staatliche Desinformation, willkürliche Festnahmen und Gewalt gegen Medienschaffende schränken die Pressefreiheit auf allen Kontinenten ein. Zahlreiche autokratische Regierungen nutzten die Pandemie, um freie Berichterstattung weiter einzuschränken. Auch in Demokratien kam es zu Verschlechterungen. Das stellt die Bürgerrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen fest, die am Dienstag den neuen Index der Pressefreiheit vorstellte.

Auch in Deutschland wird die Lage nicht mehr als gut bewertet. Grund dafür sind die zahlreichen gewaltsamen Übergriffe auf Medienschaffende im Jahr 2020. Mindestens 65 Angriffe auf Journalisten zählte Reporter ohne Grenzen – fünfmal so viele wie 2019. Auch die Dunkelziffer schätzt die Organisation höher als im Vorjahr. Meist ereigneten sich diese Vorfälle im Umfeld von Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen. Journalisten seien geschlagen, getreten und zu Boden gestoßen worden. Man habe sie bespuckt, bedroht und an der Arbeit gehindert. Pressefreiheit auch in Demokratien unter Druck Auch in anderen Demokratien hat die Gewalt gegen Journalisten zugenommen. In den Vereinigten Staaten sei es etwa zu rund 400 Übergriffen auf Medienschaffende gekommen. Mindestens 130 Festnahmen von Pressevertretern seien dokumentiert worden. Auch in Jair Bolsonaros Brasilien hat sich die Lage weiter verschlechtert. Systematisch würde die Regierung Journalisten diffamieren, so der Bericht. Auch in zwei EU-Staaten ist die freie Presse weiter besonders bedroht. Ungarn schaltete mit dem Nachrichtenportal Index.hu und dem Radiosender Klubrádió zwei wichtige kritische Medien de facto aus. In Polen geriet mit dem Verlag Polska Press ein Großteil der Regionalpresse in den Besitz eines Ölkonzerns, dessen größter Anteilseigner der Staat ist.

In der fast ausschließlich diktatorisch regierten MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) ist es insgesamt am schlechtesten um die Pressefreiheit bestellt. Reporter ohne Grenzen rekapituliert: »In dieser Region, die nach wie vor die härteste und gefährlichste für Journalisten ist, hat die Pandemie die Probleme verschärft, die die Presse, die sich bereits im Sterben befand, schon lange geplagt haben.« In Ägypten folge etwa eine Verhaftungswelle auf die andere. Manche Journalisten verschwänden wochenlang, bevor sie vor Gericht gestellt werden. Andere würden jahrelang ganz ohne Prozess festgehalten oder in Massenprozessen abgeurteilt. Auch im verhältnismäßig liberalen Libanon würde es zunehmend gefährlich, etwa über Korruption zu berichten.

Subsahara-Afrika bleibt derweil zwar eine der gewalttätigsten Regionen für Journalisten, ist jedoch auch der Ort, an dem es zu den deutlichsten Verbesserungen kam, etwa in Sierra Leone und Mali. Mit der totalitären Diktatur in Eritrea liegt hier jedoch auch das Land, in dem die Lage für Journalisten weltweit am schwierigsten ist.

Während sich die Pressefreiheit im vergangenen Jahr im weltweiten Durchschnitt nur marginal gegenüber 2020 verringerte, konstatiert Reporter ohne Grenzen einen erheblichen Rückgang der globalen Pressefreiheit seit 2013. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abos. Unterstütze unsere Arbeit und abonniere das Magazin gedruckt oder als E-Paper ab 19,90 Euro im Jahr! KATAPULT abonnieren