Artikel teilen
Der Bundesinnenminister Horst Seehofer will wegen einer »taz«-Kolumne Anzeige gegen Hengameh Yaghoobifarah erstatten. Yaghoobifarah schreibt dort in einem satirischen Text, Polizeikräfte könnten im Falle einer Abschaffung der Polizei auf der Mülldeponie arbeiten. Ende des Textes: »Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.« Gegen diese Aussage will der CSU-Politiker Seehofer nun rechtlich vorgehen.
Das Problem daran: In Deutschland gilt Pressefreiheit. Das bedeutet unter anderem, dass Leute in den Medien Nachrichten und eigene Meinungen veröffentlichen dürfen, und zwar vom Staat unzensiert. Was meint der Innenminister dazu? Pressefreiheit sei wichtig, klar, aber »... es gibt einige Punkte, mit denen ich nicht leben kann in diesem Artikel«, sagt er gegenüber der »Bild«-Zeitung. Ob er tatsächlich eine Strafanzeige erstattet, ist bisher unklar.
»Eine Enthemmung der Worte führt unweigerlich zu einer Enthemmung der Taten und zu Gewaltexzessen«, hat Seehofer dazu gesagt und damit direkt auf die Proteste in Stuttgart verwiesen - ein Zusammenhang, der fraglich ist. Seehofer stand bisweilen häufig wegen seiner eigenen Aussagen in der Kritik: Zu seinem 69. Geburtstag hat er sich über 69 Abschiebungen von geflüchteten Menschen gefreut1, 2011 Sätze gesagt wie: »Wir werden uns gegen Zuwanderung in deutsche Sozialsysteme wehren - bis zur letzten Patrone«.
Wie sieht es sonst mit Pressefreiheit in Deutschland aus?
Die international tätige Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen missbilligt die Ankündigung des Innenministers. Sie prüft jährlich, wie es um die Pressefreiheit steht, und befragt hierzu Journalistinnen und Journalisten anhand eines Fragebogens, dokumentiert aber auch Übergriffe, Gewalttaten und Haftstrafen. Im Jahr 2019 befindet steht Norwegen an der Spitze - bereits zum vierten Mal in Folge. Die Vereinigten Staaten liegen auf Rang 45, Russland auf 149.
Deutschland befindet sich auf Platz 11 von 180.
Es gab zwar weniger tätige, dafür aber vermehrt verbale Angriffe und Einschüchterungsversuche, vor allem online.
Namen von Journalistinnen und Journalisten sind auf »Feindeslisten« innerhalb rechter Kreise zu finden.
Es kam zu Behinderung von Medienarbeit durch Polizeikräfte, vor allem bei Demonstrationen.
KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abonnements. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 19,90 Euro im Jahr.
Autor:innen
KATAPULT erscheint viermal im Jahr gedruckt und jeden Tag online. Die Redaktion besteht aus über 20 Menschen, die recherchieren, schreiben, prüfen und Grafiken bauen.