Ende Oktober stimmten die Chilenninen und Chilenen mit großer Mehrheit für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung. 2021 wird dazu eine verfassungsgebende Versammlung gewählt, die einen Verfassungsentwurf ausarbeiten soll. Über diesen wird dann 2022 abgestimmt. Damit verabschiedet sich Chile über 30 Jahre nach dem Ende der Diktatur Augusto Pinochets von seiner alten Verfassung. Diese war 1980 in Kraft getreten. In weiten Teilen von wirtschaftsliberalen Denkern ausgearbeitet, hatte sie das Land zunehmend sozial gespalten. Nachdem bereits im vergangenen Jahr viele Chileninnen und Chilenen gegen höhere Preise für Bahn-Tickets protestierten, stellt die Volksabstimmung nun den vorläufigen Höhepunkt der Reformbemühungen dar. Chile ist kein Einzelfall. In 44 Staaten traten seit dem Jahr 2000 neue Verfassungen in Kraft. Die Gründe hierfür unterscheiden sich. In einigen Fällen sind die neuen Verfassungen das Ergebnis umfassender Protestbewegungen, beispielsweise in Tunesien. In anderen Fällen wurden Übergangsverfassungen notwendig, weil sich Staatsgebiete wandelten oder neue Staaten gegründet wurden, so im Falle des Südsudan. Und schließlich waren neuen Verfassungen in den letzten 20 Jahren auch die Folge politischer Machtwechsel im Zuge von Wahlen, etwa in Ecuador. Die älteste noch bestehende Verfassung ist jene Großbritanniens. Sie ist ein komplizierter Fall. Umstritten ist nämlich, ob es sich im britischen Fall überhaupt um eine Verfassung handelt. Ein einzelnes, zusammenhängendes Schriftstück, das als Verfassung bezeichnet werden könnte, existiert im britischen Fall nämlich nicht. Bei der zweitältesten noch bestehenden Verfassung liegen die Dinge klarer: Die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika trat 1789 in Kraft. Sie setzt sich aus einer Präambel, sieben Artikeln und einer Abschlusserklärung der unterzeichnenden Einzelstaaten zusammen. Ergänzt wurde sie 1791 durch zehn Zusatzartikel, den Bill of Rights. Bis heute sind weitere 17 Zusatzartikel hinzugekommen. Diese heben die ursprüngliche Verfassung in Teilen auf. So gelten beispielsweise alte Gesetze zur Sklaverei heute nicht mehr. In der Grafik nicht sichtbar sind folgende Staaten: Zwischen 1900 und 2000: Samoa, Mauritius, Nauru, Bahamas, Sao Tome & Principe, Dominica, Mikronesien, St. Lucia, Salomon Inseln, Kiribati, Marschall Inseln, Kap Verde, Vanuatu, Antigua & Barbuda, St. Kitts & Nevis, Tuvalu, Grenada, Mauretanien, Seychellen, Barbados, Benin, Malta, Singapur, Monaco, Andorra Nach 2000: Fiji, Malediven, Bahrain, Komoren Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abos. Unterstütze unsere Arbeit und abonniere das Magazin gedruckt oder als E-Paper ab 19,90 Euro im Jahr! KATAPULT abonnieren