Studie: "Does regulation matter? A cross-national analysis of the impact of gun policies on homicide and suicide rates" von Steffen Hurka und Christoph Knill (Dezember 2018)
Mehr Waffen schaffen mehr Sicherheit. Das verspricht die Waffenlobby. Dieser Zusammenhang ist allerdings längst widerlegt. Zahlreiche Untersuchungen – insbesondere am Beispiel der USA – haben nachgewiesen: Eine höhere Anzahl an Waffen in Privatbesitz führt zu mehr Tötungsdelikten. Die USA sind jedoch ein Extrembeispiel. Europäische Staaten verfügen in der Regel über wesentlich schärfere Waffengesetze. Doch auch hier gilt der Zusammenhang: Je leichter der Besitz von Waffen rechtlich möglich ist, desto stärker nimmt die öffentliche Sicherheit ab. Das haben die Politikwissenschaftler Steffen Hurka und Christoph Knill von der LMU München herausgefunden.
Sie analysierten die Daten von 16 europäischen Staaten über den Zeitraum von 1980 bis 2010. Dabei bezogen sie sich einerseits auf Mord und Totschlag, andererseits untersuchten sie den Zusammenhang zwischen Waffengesetzen und Suiziden. Sie stellten fest, dass sowohl die Todesfälle durch Fremdeinwirkung als auch durch Selbstmord deutlich zahlreicher ausfallen, wenn Waffengesetze weniger strikt sind.
Die Politologen betrachteten allerdings nicht nur die Gesamtzahl an Tötungen, sondern unterschieden auch, welcher Anteil davon tatsächlich mit Schusswaffen begangen wurde. Dabei konnten sie zeigen, dass Pistolen und Gewehre selten durch andere Waffen ersetzt werden. Das heißt: Offenbar weichen beispielsweise suizidgefährdete Personen nicht ohne Weiteres auf Alternativen aus, um ihrem Leben ein Ende zu setzen. Sind Schusswaffen schwer zugänglich, sinkt daher nicht nur die Zahl der Suizide durch Schusswaffen, sondern die Anzahl der Selbsttötungen insgesamt.
Wie scharf die Regeln eines Landes sind, bestimmten die beiden Wissenschaftler mit Hilfe eines von ihnen erstellten Index. Darin unterschieden sie zunächst, unter welchen Umständen Zivilisten Waffen überhaupt besitzen dürfen. Dieses sogenannte Paradigma reicht von einem generellen Verbot (höchster Wert) über den privilegierten Besitz für wenige Bevölkerungsgruppen (mittlerer Wert) bis zur generellen Erlaubnis (geringster Wert). Innerhalb der jeweiligen Paradigmen (Verbot, Privileg, Erlaubnis) stuften die Wissenschaftler zudem danach ab, wie hoch die Anforderungen an den Waffenbesitzer etwa in Bezug auf Alter, Gesundheit und technische Fähigkeiten sind.
Wissenschaftlicher Beifang
Unabhängig von den Waffengesetzen fanden die Münchner weitere Auslöser für steigende oder fallende Zahlen an Mord- und Suizidopfern. Es zeigte sich, dass zwischen höherem durchschnittlichen Alkoholkonsum und der Anzahl der Morde kein Zusammenhang besteht. Hohe Arbeitslosigkeit hingegen korreliert positiv mit steigenden Tötungsraten, während ein höherer Urbanisierungsgrad zu weniger Todesfällen führt. Das Landleben ist demnach gefährlicher als das Stadtleben – bezogen auf Todesfälle durch Fremdeinwirkung. Ein anderes Resultat zeigt sich bei Suiziden: Mehr Alkoholkonsum und eine größere Verstädterung gehen mit steigenden Suizidraten einher.
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Studie Schärfere Waffengesetze verringern Mord- und Suizidraten |
Die Studie zeigt, dass schärfere Waffengesetze sowohl die Zahl der Morde als auch die Zahl der Suizide senken.

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16.04.2019
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Kommentare |
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Ich kann die Zahen gleichfalls, intuitiv, nicht glauben. In Griechenland, so wurde medial berichtet, seien die Suizide massiv angestiegen in den letzten Jahren.
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Sinon 17:27 Uhr 17.04.2019 @Martin S.:Schusswaffen sind nicht die einzige Möglichkeit, sich umzubringen. Und ein (Selbst-)Mord setzt immer Motiv und Möglichekit voraus. Wenn die Möglichkeit des Erschießens nicht gegeben ist, heißt das aber nicht zwangsweise, dass ich dann zur nächsten Brücke latsche. Vllt. habe ich auch nicht die Kraft, dorthin zu gehen, aber für die Pistole im Nachttisch hätte es gereicht. Zu Japan: "The most common method among both genders in Japan was hanging, followed by jumping from a high place. In the United States, it was firearms among both genders, followed by hanging among males and drugs among females."(1)
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Martin S 14:25 Uhr 17.04.2019 Das Verständnis für Korrelation und Kausalität und wie diese zu unterscheiden sind, ist offenbar etwas, das den Studienautoren völlig fehlt.
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Daniel F. 12:08 Uhr 17.04.2019 Studien sind Interpretationen von Rohdaten.
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René 10:46 Uhr 17.04.2019 Suizid und Mord mit Feuerwaffen zusammen zu legen ist doch vollkommener Mumpitz, dies muss getrennt erfasst werden.
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Franz M. Ronellenfitsch 08:52 Uhr 17.04.2019 Bedeutet die Überschrift "Suizide pro 100.000 Einwohner" nun solche mit Schußwaffen oder überhaupt? Ist euch eigentlich bekannt, dass es ein Nord-Süd-Gefälle bei Suiziden gibt, das mit den Helligkeit/Dunkelheitsstunden zu tun hat? Die Neigung zum Suizid wird nicht durch das technische Vorhandensein von Tatmitteln bewirkt sondern durch psychologische Faktoren. Sonst müsste man alle Brücken verbieten. |
Franz 23:40 Uhr 16.04.2019 Wie passen denn solche Meldungen zu den für die Visualisierung herangezogenen Studien? https://globalnews.ca/news/4236365/iceland-gun-control-violence/
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